Arbeit bestimmt unser Leben. Sie sichert nicht nur unseren Lebensunterhalt durch den Lohn, den wir für sie erhalten, sie nimmt auch einen großen Teil unserer Zeit ein und ist wichtiger Faktor der Identität. Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben sich Arbeitsprozesse und Tätigkeiten grundlegend gewandelt.
Arbeit als Teil des Lebens

Ein Arbeiter schneidet mit dem Schweißbrenner eine Metallplatte. Saarburg 1991
Photo: Peter Weber/LVR

Händische Arbeit braucht Kraft: Utensilien werden per Handkarre transportiert. Dieckenschied 1979.
Photo: Manfred Müller/LVR
Arbeit ist immer in den Alltag der arbeitenden Menschen eingebunden. Gleichzeitig hat Arbeit immer auch Einfluss darauf, wie wir wohnen, was wir essen oder wie wir feiern. Notwendig für die Ausgestaltung der freien Zeit ist das Geld, das mit der Arbeit verdient wird. Damit ist ein erster wichtiger Faktor benannt: grundlegend unterscheiden sich jene Berufe und Tätigkeiten, für die im Rahmen eines Arbeitsvertrags ein fester monatlicher Lohn gezahlt wird von jenen, die auf eigene Rechnung, d. h. selbstständig, erledigt werden. Bei allen selbstständigen Arbeiten ist das Einkommen von den Aufträgen und Möglichkeiten abhängig, wer einen Arbeitsvertrag hat, kann hingegen mit einem Betrag pro Monat planen.
Von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft

Waldarbeit im Wandel: Traktor, dahinter Ackerwagen. Kehrig 1958.
Photo: Josef Ruland/LVR

Die Kartoffelsortiermaschine arbeitet automatisch, das Abfüllen der Kartoffeln erfolgt von Hand. Kehrig 1958.
Photo: Josef Ruland/LVR
Mit der im 19. Jahrhundert einsetzenden Industrialisierung in Deutschland verlagerte sich für einen Großteil der Bevölkerung die Arbeit von der Landwirtschaft in die Fabrikhallen der rasch anwachsenden Städte. Wurden zwar die Arbeitszeiten jetzt nicht mehr vom Rhythmus der Natur, sondern von Stechuhren vorgegeben und waren die Arbeitsabläufe in den neu errichteten Werkhallen völlig andere als auf einem Bauernhof, so änderte sich beim Übergang von der Feld- zur Industriearbeit nichts an der Schwere der körperlichen Arbeit. Erst die zunehmende Technisierung, Mechanisierung und Maschinisierung von Arbeitsabläufen im 20. Jahrhundert erleichterte die beschwerlichen Arbeitsprozesse. Die zunehmende Automatisierung bedingte jedoch einen Arbeitsplatzabbau in den produzierenden Unternehmen. Dieser Übergang von einer Industrie- hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft seit den 1970er Jahren führte dazu, dass die überwiegende Mehrheit der Erwerbstätigen nicht mehr der Arbeiterschaft angehört, sondern aus Beamten und Angestellten besteht.
Globalisierung und Deindustrialisierung verändern den Arbeitsalltag
Der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft spiegelt sich auch in der sogenannten Deindustrialisierung wider. Mit zunehmender Globalisierung und der sich damit ausweitenden Auslagerung ganzer Wirtschaftsbranchen in Billiglohnländer haben viele traditionsreiche Industrieregionen an Bedeutung eingebüßt. Im Rheinland zeigt sich dieses Phänomen beispielsweise in der Textilindustrie.
In der Landwirtschaft führte die Mechanisierung ebenfalls zu weniger händischer und körperlicher Arbeit. Die Tätigkeiten verschoben sich in den betriebswirtschaftlichen und agrarwissenschaftlichen Bereich. Die wachsenden Betriebsgrößen und Anbauflächen erfordern heute Spezialwissen und technische Geräte. Für die eigentliche Feldarbeit beschäftigen die Betriebe heute meist Saisonarbeiter aus ganz Europa und inzwischen auch aus Asien und Afrika.
Auch die Arbeit von Beamten und Angestellten wurde zunehmend durch technische Produkte und Möglichkeiten geprägt: Telefon, Computer und Internet sind aus dem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken.

Mechanisches Arbeitsgerät: mit dem Butterschaber wird die frische Butter bearbeitet, um das darin noch überschüssig enthaltende Wasser zu entfernen. 1890er Jahre Photo: Hans-Theo Gerhards/LVR

Mechanisches Arbeitsgerät: Gerät zum Abfüllen von Wurst in Därme. 1940er Jahre. Photo: Hans-Theo Gerhards/LVR

Schieferplatten werden an einer Maschine zugeschnitten. Kehrig 1958. Photo: Josef Ruland/LVR

Überwachen der Maschinen: Schaltpult des Stellwerkwärters an einem Bahnhof. Alsdorf/Siersdorf, 1992. Photo: Peter Weber/LVR
Wachsende Anforderungen an die Arbeitenden

Handwerkliche Arbeit: Der Scherennagler verbindet zwei Scherenteile. Solingen, 1991.
Photo: Peter Weber/LVR

Handwerkliche Arbeit mit maschineller Unterstützung: Töpfern auf der Drehscheibe. 1979
Photo: unbekannt/LVR
Neben den strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt änderten sich auch die Anforderungen an die Beschäftigten. Fachliche und inhaltliche Qualifikationen gewannen an Bedeutung, Mobilität und Flexibilität spielen in vielen Berufsgruppen eine immer größere Rolle, Pendlerbiografien sind heute alltäglich. Diese neuen Anforderungen wirkten sich nicht nur auf die Arbeitswelt aus, sondern führten in nahezu allen Bereichen des alltäglichen Lebens zu fundamentalen Wandlungsprozessen: Wohnformen, Nahrungsgewohnheiten oder soziale Strukturen änderten sich und lösten Urbanisierungs-, Individualisierungs- oder Enttraditionalisierungprozesse aus.
Mit der Entwicklung hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft ging auch eine Entgrenzung der Arbeit einher. Es wird immer seltener, dass die Arbeit an einem festen Ort zu einer festgelegten Zeit stattfindet. Zwar üben auch heute noch rund zwei Drittel der Arbeitenden einen Beruf aus, der an klare Arbeitszeiten und einen Arbeitsplatz gebunden ist, doch bereits für ein Drittel sieht der Arbeitsalltag anders aus. Die Arbeit ist flexibler geworden und schafft so mehr Raum für individuelle Bedürfnisse von der Kinder- und Krankenbetreuung bis zum aufwendigen Hobby. Gleichzeitig hat sich die Arbeit in das Privatleben ausgedehnt, eine Freizeit ist oft nicht mehr klar abzutrennen.