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Das Köhlereiwesen

Eine der ältesten Handwerkstechniken der Welt

Das Köhlereiwesen ist ein in Deutschland kaum noch betriebenes Handwerk. Die Arbeit ist gesundheitsschädlich und hart, die Umwelt wird geschädigt, der Gewinn ist zu gering. Und doch gehört das Köhlerhandwerk zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland.

Kohle – seit jeher ein wertvoller Rohstoff

Nicht nur Kaf­fee galt me­ta­pho­risch als schwar­zes Gold, auch Koh­le wur­de auf­grund sei­ner im­men­sen Be­deu­tung als Heiz­ma­te­ri­al lan­ge so ge­nannt. Spiel­ten in Deutsch­land bis in die jüngs­te Ver­gan­gen­heit vor­nehm­lich Stein- und Braun­koh­le ei­ne wich­ti­ge Rol­le für die In­dus­trie (wo­bei der Ab­bau von Stein­koh­le 2018 ein­ge­stellt wur­de), so fin­det Holz­koh­le häu­fig in der Frei­zeit Ver­wen­dung. Mit ihr wird an den hei­ßen Ta­gen des Jah­res der Grill be­feu­ert. In der Ver­gan­gen­heit sah das an­ders aus. Holz­koh­le war spä­tes­tens seit dem Al­ter­tum der Brenn­stoff beim Her­stel­lungs­pro­zess me­tal­li­scher Pro­duk­te, wie Kup­fer, Bron­ze und Ei­sen. Die ho­he Nach­fra­ge führ­te be­reits im 16. Jahr­hun­dert zur Holz­knapp­heit. Im 18. Jahr­hun­dert war in Groß­bri­tan­ni­en Holz so rar, dass al­ter­na­ti­ve Brenn­stof­fe ge­sucht wer­den muss­ten. Die­se Knapp­heit galt als ein Aus­lö­ser der In­dus­tri­el­len Re­vo­lu­ti­on. Mit der Nut­zung an­de­rer En­er­gie­trä­ger, wie bei­spiels­wei­se der Stein­koh­le ab An­fang des 19. Jahr­hun­derts, ver­lor die Holz­koh­le an Be­deu­tung. In Deutsch­land wur­den bis et­wa En­de der 1960er Jah­re noch ver­ein­zelt Koh­len­mei­ler zur Ge­win­nung von Holz­koh­le be­trie­ben. Auf­grund sei­ner ge­schicht­li­chen und kul­tu­rel­len Be­deu­tung wur­de das Köh­ler­hand­werk im De­zem­ber 2014 in das Ver­zeich­nis des im­ma­te­ri­el­len Kul­tur­er­bes in Deutsch­land auf­ge­nom­men. Wie aber wird aus Holz Holz­koh­le?

Aus Holz wird Kohle

Verkohlen eines Kohlenmeilers - für Dreharbeiten zum Film Köhlerei im Kermeter noch einmal nachgestellt. Schmidt-Nideggen 1981
Photo: Harald Pickel/LVR

Das Köh­le­rei­we­sen ist ein spä­tes­tens seit der grie­chi­schen An­ti­ke do­ku­men­tier­tes Hand­werk, bei dem Holz zu Koh­len­mei­lern ge­schich­tet und ver­kohlt wird. Das Ver­koh­len von Holz ist ein kom­pli­zier­ter, lang­wie­ri­ger und sen­si­bler Vor­gang, wel­cher Py­ro­ly­se, tro­cke­ne De­stil­la­ti­on oder Ent­ga­sung ge­nannt wird. Bei dem Vor­gang darf das Holz nie an­fan­gen zu bren­nen, son­dern le­dig­lich ver­glü­hen. Vom Auf­bau bis zur fer­ti­gen Koh­le ver­ge­hen je nach Grö­ße der Koh­len­mei­ler meh­re­re Wo­chen. Zu­nächst wird die so­ge­nann­te Mei­ler­plat­te ver­mes­sen und her­ge­rich­tet. An­schlie­ßend wird der Mei­ler in meh­re­ren Eta­gen kreis­för­mig auf­ge­baut und mit Schich­ten aus Laub und Er­de luft­dicht ab­ge­schlos­sen. Da­bei ver­bleibt in der Mit­te ein Schacht, in dem ein Feu­er und wei­te­res Holz ein­ge­bracht wird. Nach dem An­feu­ern des Mei­lers be­nö­tigt die­ser viel Auf­merk­sam­keit. Die Um­man­te­lung muss ste­tig dicht und feucht ge­hal­ten wer­den. Durch das Ein­s­te­chen von Luft­lö­chern wird der Vor­gang im In­ne­ren kon­trol­liert und die Luft­zu­fuhr re­gu­liert. Gleich­zei­tig muss da­für Sor­ge ge­tra­gen wer­den, dass der Mei­ler nicht ein­bricht und in Flam­men auf­geht. Nach­dem er voll­stän­dig ver­kohlt und grö­ß­ten­teils ab­ge­kühlt ist, wird der Mei­ler über meh­re­re Ta­ge aus­ge­räumt. Der Er­trag fällt je nach Holz­art un­ter­schied­lich aus. Durch­schnitt­lich kann mit ei­nem Raum­me­ter Holz (450kg) ca. 100kg Holz­koh­le er­zeugt wer­den.

Kohle glüht nicht nur

Bratwürste auf einem Holzkohlegrill bei einem Straßenfest. Bonn 2011
Photo: Dagmar Hänel/LVR

Im Rhein­land wur­de noch bis En­de der 1960er Jah­re, be­son­ders in der Nord­ei­fel, mit­hil­fe von Koh­len­mei­lern Holz­koh­le her­ge­stellt. Hier wie auch an­dern­orts in Deutsch­land ist das Köh­le­rei­hand­werk heu­te je­doch prak­tisch nicht mehr exis­tent. Heut­zu­ta­ge wird die in Deutsch­land er­hält­li­che Holz­koh­le zum über­wie­gen­den Gro­ß­teil im­por­tiert. Da­mit ge­hen so­zia­le und um­welt­be­zo­ge­ne Pro­ble­me ein­her, da Holz­koh­le nicht un­ter die eu­ro­päi­sche Holz­han­dels­ver­ord­nung fällt und so­mit kaum ei­ner Kon­trol­le un­ter­liegt. Es wird da­von aus­ge­gan­gen, dass ein be­trächt­li­cher Teil der Holz­koh­le il­le­gal her­ge­stellt und im­por­tiert wird. Holz­koh­le wird heu­te über­wie­gend im Ein­zel­han­del als Grill­koh­le ver­kauft. Da­ne­ben fin­det sie aber auch Ver­wen­dung für die Her­stel­lung von Schwarz­pul­ver, als Fil­ter für Was­ser und Zi­ga­ret­ten, als Po­lier­mit­tel, als Rei­ni­gungs­mit­tel, zur Des­in­fi­zie­rung, als Zei­chen­koh­le oder auch in der Halb­lei­ter­tech­nik. Wei­ter wird Holz­koh­le auch in der Land­wirt­schaft oder für die Kon­ser­vie­rung von un­ter­schied­li­chen Sub­stan­zen ge­nutzt.

Literatur:

· Ar­ne Pay­sen, Nach­hal­ti­ge En­er­gie­wirt­schaft? Brenn- und Kohl­holz­nut­zung in Schles­wig-Hol­stein in Mit­tel­al­ter und frü­her Neu­zeit.
· Deut­sche UNESCO-Kom­mis­si­on: Köh­ler­hand­werk und Teer­schwe­le­rei. On­line un­ter: https://www.unesco.de/kul­tur-und-na­tur/im­ma­te­ri­el­les-kul­tur­er­be/im­ma­te­ri­el­les-kul­tur­er­be-deutsch­land/bun­des­wei­tes-28.
· 'Na­tur­ge­schich­te der Ge­wäch­se' des Theo­phras­tos (374/369 - 288/285 vor Chris­tus), ins Deut­sche über­setzt und er­läu­tert von K. Spren­gel, Al­to­na 1822 (di­gi­ta­li­siert zu­gäng­lich: di­gi­ta­le-samm­lun­gen.de)

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