In den 1950er Jahren lockte Bosch mit einem Flyer Hausfrauen bzw. ihre Männer zum Kauf eines modernen Kühlschranks. Die Firma versprach „zuverlässige Kühlleistung bei geringem Stromverbrauch“, „praktische Ausstattung“, „selbsttätige Temperaturregelung“ und vieles mehr. Doch diese Vorzüge hatten ihren Preis. Das günstigste Modell kostete 675 DM – bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von ca. 5000 DM war die Anschaffung kein Pappenstiel. Damit auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel sich den Einzug der Moderne in die Küchen leisten konnten, bot Bosch eine Ratenzahlung an.
Kühlung als Voraussetzung der Lagerung verderblicher Nahrungsmittel
Die Kühltechnik revolutionierte Konservierung und Vorratshaltung – und damit auch die Ernährung. Bis zu ihrer Erfindung Mitte des 19. Jahrhunderts bot nur in Gruben, Eiskellern oder -schuppen gelagertes Natureis die Möglichkeit, Lebensmittel durch Kühlung länger frisch zu halten. Erst durch die saisonunabhängige Kühlung entstand eine weltumspannende Nahrungsmittelindustrie. Im Privathaushalt setzte sich die Kühltechnik erst spät durch. Dort wurde noch bis ins 20. Jahrhundert hinein mit Eisschränken gekühlt. In den 1950er Jahren boten zunächst gemeinschaftliche Gefrierhäuser Privathaushalten die Möglichkeit, ihre Vorräte mit der modernen Kältetechnik zu konservieren. Schon bald darauf standen in immer mehr rheinischen Küchen Kühl- und Gefrierschränke. Platzsparende Lagerung und Konservierung von Lebensmitteln war notwendig – in den Neubauten der Nachkriegszeit waren meist keine Keller und Speisekammern mehr vorgesehen, wie etwa im Bungalow Kahlenbusch .
Dort lagerten vor Einzug der Kühltechnik, insbesondere auf dem Land, die Lebensmittel. Die Haltbarmachung und Lagerung von Lebensmitteln nahm damals einen bedeutenden Platz in der Hauswirtschaft ein. Das änderten auch die im 19. Jahrhundert – im Zuge der industriellen Produktion und Konservierung von Lebensmitteln entstandenen – Gemischtwarenläden nicht. Zwar boten sie die Möglichkeit, den Haushalten die Konservierungsarbeit und Lagerhaltung abzunehmen, konnte man doch um 1900 dort bereits fast alles für den täglichen Bedarf kaufen. Doch das hatte seinen Preis. Auf dem Land hatte die Konservierung und Lagerung von selbst angebauten Nahrungsmitteln weiterhin eine große Bedeutung. In der Umfrage „Nahrung und Speise im Wandel nach 1900“ berichtet der Großteil der Befragten von den traditionellen Methoden der Haltbarmachung.
Konservierung als Teil der Haushaltsführung
Das Anlegen von Vorräten war eine Wissenschaft für sich: Wie viel? Was? Wie lagern? Was selbst anbauen, was hinzukaufen? Das Trocknen, Pökeln, Räuchern, Einlegen, Eindicken, Einkochen oder Einsalzen war eine mühsame Arbeit, die meist von Frauen erledigt wurde. Geändert haben sich diese Konservierungsmethoden bis Anfang des 20. Jahrhunderts kaum: in Kellern standen Steinzeugtöpfe mit eingesäuertem Kraut und Bohnen, über dem Herd hing Obst zum Trocknen und für das Räuchern von Fleisch besaßen viele Landwirte Räucherkammern oder -schränke.
Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitete sich das Einkochen in Dosen und Gläsern. Zwar waren Konservendosen schon seit 1820 gebräuchlich – insbesondere das Militär benötigte gut haltbare und leicht zu transportierende Produkte. Für Privathaushalte und Landwirte wurden die Konservendosen jedoch erst nach 1880 mit der Einführung von Dosenverschlussmaschinen und Falzdosen interessant. Denn damit mussten die Deckel nicht mehr an die Dosen gelötet und später mühsam geöffnet werden. Aus Kostengründen schafften sich viele Nachbarn und Verwandte diese Dosenverschlussmaschinen gemeinsam an. Den dauerhaftesten Erfolg hatte die 1900 gegründete Firma Weck & Co. mit ihrem „Weck-Verfahren“. Dazu gehörten nicht nur spezielle Einkochgläser, sondern ein komplettes System aus passenden Dichtungsringen aus Gummi, Klammern und ein Kochapparat. Viele weitere Konkurrenzfirmen wie „Rex“ oder „Frauenlob“ entstanden – als Begriff hatte sich nichtsdestotrotz das „einwecken“ durchgesetzt.
Moderne Vorratshaltung
Heute findet die Bevorratung von Lebensmitteln in Supermärkten statt. Für die kurzfristige Zwischenlagerung leicht verderblicher Lebensmittel reicht der Kühlschrank. Einen gegenläufigen Trend kann man jedoch in Lifestyle- und Koch-Zeitschriften beobachten. Immer mehr ernährungsbewusste Menschen gehen dazu über, einen Teil ihrer Lebensmittel selbst herzustellen.
Literatur und Internet
Andritzky, Michael (Hg.): Oikos: Von der Feuerstelle zur Mikrowelle. Haushalt und Wohnen im Wandel. Wetzlar 1992.
Bauer, Gudrun: Die Entwicklung der Vorratshaltung auf dem Land. Kronburg-Illerbeuren 1991.
Museumsverband Südniedersachsen e. V. (Hg.): Mus, Mehl und Mäuse. Konservierung und Vorratshaltung. Göttingen 1991.
KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital: WECK-Glaswerk in Duisdorf, URL: https-blank://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-255226 (abgerufen am 10.10.2018)