Das Essen außer Haus war nicht nur in Gaststätten, sondern vor allem unter freiem Himmel oder am Arbeitsplatz üblich. Dabei wurde das Essen zuhause vorbereitet und dann unterwegs gegessen. Erst mit zunehmendem Wohlstand wurde es breiteren Gesellschaftsgruppen möglich, auch im Restaurant zu essen – was auch weiterhin von der wirtschaftlichen Lage abhängig ist.
Mahlzeiten unter freiem Himmel
„Die Hausfrau brachte in einem Korb eine große Kaffeekanne, Butterbrote und den selbstgebackenen […] Kuchen“ berichtet eine Bäuerin aus Much im Rhein-Sieg-Kreis über ihre Kindheit in den 1920er Jahren. Bei der Ernte gab es zur Nachmittags-Mahlzeit selbst hergestellte Backwaren wie Waffeln, Apfelpfannkuchen, Hefeplätzchen oder Streuselkuchen zur Stärkung. Auch Josefine N. aus Holthausen bei Düsseldorf, geboren 1910, erinnert sich, dass die Angestellten des Hofes ihrer Eltern den Nachmittagskaffee gegen halb vier Uhr unter freiem Himmel auf dem Feld einnahmen. Ihre Mutter brachte dann einen Korb mit Broten und eine große Kanne, die sie zur Hälfte mit Kornkaffee, zur Hälfte mit Milch gefüllt hatte. Verbreitet waren auch sogenannte „Henkelmänner“ aus Metall, in denen Eintopfgerichte mitgenommen und unterwegs im heißen Wasserbad erwärmt werden konnten. „Henkelmänner“ waren sowohl bei der Feldarbeit als auch für Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter treue Begleiter. Bei Wallfahrten und Ausflügen packte man ebenfalls einen Proviantkorb oder Rucksack, der neben belegten Broten und Obst aus dem eigenen Garten auch selbst gebackenen Kuchen und eine Feldflasche mit Saft oder Tee enthalten konnte, wie Gustav S. aus Mengerschied im Hunsrück beschreibt. Während eines Ausflugs in einem Lokal einzukehren, in einem Restaurant zu Abend zu essen oder große Familienfeste und andere Anlässe in einer Gaststätte zu feiern war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für die meisten Familien aus finanziellen Gründen undenkbar. Feiern wie Hochzeiten, runde Geburtstage, Kommunion oder Konfirmation richteten die Gastgeberinnen und Gastgeber im eigenen Haus aus. Nur selten gab es Ausnahmen, wie Jakob D. aus Eschweiler berichtet: „1 mal im Jahr gingen wir mit der Prozession nach Nothberg (3km) und dort gab es in einer Wirtschaft ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee oder Milch.“ Bis weit in die 1960er Jahre kehrten die Gäste im ländlichen Raum fast ausschließlich zum Trinken in die Gaststätten ein. Nur für den kleinen Hunger zwischendurch standen meist große Gläser mit Soleiern oder eingelegten Gurken auf der Theke. Hatten die Gäste Glück, servierte die Wirtin hin und wieder selbst hergestellte Frikadellen. In Nieuwkerk-Baersdonk bei Kerken am Niederrhein gab es auch eingelegte Heringe mit Schwarzbrot für die hungrigen Kneipengäste.
Essen in der Gaststätte als Zeichen wirtschaftlichen Aufschwungs
Erst mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung und der damit einhergehenden Verbilligung der Lebensmittel, wurde das Essengehen ab den 1960er Jahren für breitere Bevölkerungsschichten erschwinglich. Die Gaststätten begannen, ihr Speisenangebot auszuweiten. Jetzt standen Gerichte wie Toast Hawaii, gegrillte Hähnchen oder Jägerschnitzel mit Pommes und Salatbeilage auf der Karte. Ab den 1970er Jahren wurden dann auch Familienfeiern vermehrt in Gaststätten gefeiert. Ob Hochzeiten, Beerdigungen, Taufen und Silberne Hochzeiten, zu besonderen Gelegenheiten gehörte es bald zum guten Ton, seine Gäste zu ausgedehnten Festessen einzuladen. Besonders beliebt waren Büffets mit Platten von Gemüse und Schwein- oder Rinderbraten mit Kartoffeln, Kroketten oder Pommes als Beilage. Dazu gab es ansehnlich garnierte Salate und Nachspeisen in Glasschüsseln. Die durch die Ölkrise bedingte Rezession und die damit verbundenen steigenden Arbeitslosenzahlen ab Mitte der 1970er Jahre machte auch Wirtinnen und Wirten zu schaffen. Der Besuch einer Gaststätte gehörte nun seltener zum alltäglichen Ritual, bei dem ein bis zwei Bier nach Feierabend getrunken wurden. Stattdessen war das Ausgehen etwas Besonderes: Der Gaststättenbesuch und das Verspeisen eines nicht selbstgekochten Essens sollte einen Gegenpol zum anstrengenden Arbeitsalltag bilden. Viele Gaststätten versuchten mit der Ausweitung ihres Angebots, dem Gaststättensterben auf dem Land entgegenzuwirken. Unter anderem durch gutes Essen wollten die Wirtinnen und Wirte den Gaststättenbesuch weiterhin attraktiv machen. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts gab jedoch ein Großteil der ländlichen Gaststätten ihren Betrieb auf, da er bei sehr hohem Arbeitseinsatz lediglich einen sehr geringen Gewinn erwirtschaftete und so der Wirtsberuf immer unattraktiver wurde. Einige dieser ehemaligen Gaststätten wurden umgenutzt und beherbergen heute zum Beispiel lukrativere Pizzerien oder Dönerbuden, die auch ein preiswertes Angebot an Snacks bieten.
Essen unterwegs und aus der Hand
Was lange Zeit undenkbar und verpönt war, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem vertrauten Anblick entwickelt: Das Essen auf der Straße. Wer keine Zeit oder Lust zum Kochen hat, stillt seinen Hunger unterwegs an einem Schnellimbiss und nimmt das Essen oft beim Weitergehen zu sich. Bei den Jugendlichen im Rheinland gehörte nach den Ergebnissen der Umfrage „Iss was!?“ um die Jahrtausendwende Fast Food wie Pizza, Pommes und Döner zu den beliebtesten Gerichten, die zwei bis dreimal in der Woche unterwegs „auf der Hand“ gegessen wurden. Backwaren oder belegte Brötchen aus der Bäckerei waren ebenfalls beliebte Snacks für zwischendurch. Metzgereien bieten immer häufiger auch „Hausmannskost“ als warme Mittagsmahlzeit an, die meist im Stehen im Geschäft verzehrt wird. Eine 18-jährige Schülerin aus Übach-Palenberg bei Aachen gab an, mehr als zwei Mal in der Woche unterwegs Fast Food wie Pizza zu essen, aber nur etwa ein Mal monatlich eine Bäckerei aufzusuchen. So hat sich seit Ende der 1970er Jahre eine Infrastruktur aus Döner- und Pommesbuden sowie Bäckereien mit verzehrfertigen Speisen entwickelt. Das Essen außer Haus, sei es beim Besuch eines Restaurants, einer Fast Food-Kette oder als Snack unterwegs, ist heute für die meisten Rheinländerinnen und Rheinländer ein alltäglicher Akt.