Kochen und Backen sind, ebenso wie andere Tätigkeiten im Haushalt, kulturell gelernt und werden meist ohne größere Reflektion umgesetzt. Dabei sind Muster wirksam, die oft aus der Kindheit übernommen wurden.
Einsatz von Wissen beim Backen
„4 Eier, das Eigelb mit dem Zucker schaumig gerührt, das Weiße zu Schnee geschlagen und dazu geben, zuletzt die Mandeln.“ Laß Gerda S. aus Kerken, die Verfasserin dieses Rezeptes für eine Mandeltorte das im Rahmen der Umfrage Nahrung und Speise im Wandel dokumentiert wurde, die Anleitung, so wusste sie, was zu tun ist. Wie selbstverständlich wird das Eigelb in ein Behältnis und das Eiweiß in ein anderes gegeben. Im Anschluss wird das Eiweiß aufgeschlagen, bis es fest geworden ist und unter die Eigelb-Zucker-Masse gehoben werden kann. Neben dem Wissen, wie ein Ei zu trennen ist, spielt das um die Technik des Steifschlagens dabei eine entscheidende Rolle – hier muss sorgfältig gearbeitet werden, um einen festen Eischnee zu erhalten. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurde häufig noch mit einem Schneebesen oder Quirl so lange von Hand gerührt, bis das Eiweiß steif wurde: eine oft langwierige und zudem auf Dauer anstrengende Arbeit. Erst in den 1950er Jahren setzten sich im Zuge der technischen Entwicklung mit Strom betriebene Handmixer durch, mit denen der Eischnee schnell gerührt und auch der Kuchenteig elektrisch geknetet werden konnte. Damit vereinfachte sich die Umsetzung der Arbeitstechnik; das nötige Wissen blieb gleich, wurde aber anders vermittelt.
Einsatz von Erfahrung beim Kochen
Wie selbstverständlich sind diese Techniken? Wenn wir kochen oder backen, verwenden wir nicht nur Nahrungsmittel und Küchengeräte, wir wenden auch Kenntnisse an, die wir oft schon sehr lange und fast automatisch anwenden. Den Teig ausrollen, die Nudelsoße würzen oder das Fleisch aufschneiden sind für viele Menschen alltägliche Handlungen, die selten reflektiert werden. Wie einzelne Schritte umzusetzen sind und wie diese in Kombination ein Gericht ergeben, ist kulturell gelernt. Seit der frühesten Kindheit lernen wir, was essbar ist und schmeckt, unsere Geschmackserinnerungen begleiten uns ein Leben lang. Wir beobachten, welche Zutaten zusammen verwendet werden und ahmen nach, wie einzelne Arbeitsschritte organisiert werden. Was und wie wir lernen, ist davon abhängig, in welchem Umfeld wir leben. Je nach Geschmacksvorlieben und Budget, aber auch nach Alter, sozialer Gruppe und regionaler Herkunft können die Kenntnisse stark differieren. Entscheidend ist nach dem Lernen die Erfahrung: Je häufiger eine Technik angewendet wird, desto selbstverständlicher wird sie umgesetzt und Anleitungen sind nach einigen Wiederholungen nicht mehr notwendig.
Wissensvermittlungen und Bedingungen für ihre Umsetzung
Die Verfügbarkeit von einzelnen Nahrungsmitteln sowie die technischen Möglichkeiten der Geräte und Räumlichkeiten sind außerdem Voraussetzungen dafür, bestimmte Techniken überhaupt einsetzen zu können. Und nicht nur in der Küche beim Kochen für eine Mahlzeit greifen gelernte Techniken, auch in der Vorratshaltung und Haltbarmachung sind spezifische Kenntnisse notwendig, um etwa eine Marmelade für den Winter einzukochen. Wurde dieses Wissen noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem mündlich innerhalb der Familien- und Dorfstrukturen weitergegeben und handschriftlich in Rezeptheften festgehalten, so nahm die mediale Vermittlung durch Kochbücher, Zeitschriften oder Fernsehsendungen insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg immer weiter zu. Bis in die 1960er Jahre war es durchaus üblich, dass die Töchter der Familien das Kochen, Backen und Haushalt führen in einer Hauswirtschaftsschule lernten. Verbunden mit den technischen Entwicklungen wurde es damit einfacher, Arbeitstechniken in der Küche auch ohne persönliche Anleitung einzusetzen.