Kochen als kulturelle Praktik ist geprägt von den technischen Möglichkeiten, den dazu notwendigen Hilfsmitteln, deren Verfügbarkeit und nicht zuletzt den zeitgemäßen Normen und Regeln im Zusammenhang mit der Zubereitung von Gerichten.
Das Beispiel Suppe
Gehört heute zur Zubereitung einer Speise im einfachsten Falle nur das Aufschneiden einer Tüte und das anschließende Verrühren ihres granulierten Inhalts im heißen Wasser zu einer Suppe, sah dies zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch anders aus. Gemüse und eventuell Fleisch mussten vorbereitet und zerkleinert werden, um dann in heißem Wasser zu kochen und so als Grundlage für eine Suppe oder Brühe zu dienen. Das Beispiel der Tütensuppe macht nicht nur den Wandel in der Ernährungsweise und der Bewertung als gesund oder ungesund, sondern ebenfalls in der Nahrungsmittelproduktion deutlich. So bedarf es einiger technischer Hilfsmittel und Kenntnisse, um das Pulver für Tütensuppen herzustellen. Auch die Art und Weise, wie wir heute Wasser zum Kochen bringen, unterscheidet sich wesentlich von derjenigen um 1900. Heute füllen wir einfach den elektrischen Wasserkocher und drücken eine Bedienungstaste, während vor hundert Jahren das Wasser mit einem Wasserschiff oder -kessel auf dem Herd erhitzt wurde.
Energiequelle und Geräte verändern die Kochpraxis
Der Sparherd brachte nach 1850 einen tiefgreifenden Wandel bei der Nahrungszubereitung mit sich. Wurde zuvor noch mit nur einem Topf über offenem Feuer gekocht, ermöglichte der industriell hergestellte Herd, auch Kochmaschine genannt, ein energiesparendes und rauchfreies Kochen. Zudem bot er die Möglichkeit der Hitzeregulierung und des Kochens von unterschiedlichen Komponenten einer Mahlzeit in verschiedenen Töpfen gleichzeitig. Dies kann als die strukturell bedeutendste Neuerung bezeichnet werden, hat sich doch an der Art und Weise der Zubereitung seitdem nicht viel verändert, sieht man von der Energiequelle ab. Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts langsam einsetzende Elektrifizierung führte auch bei den Küchengeräten zu vielen technischen Innovationen. Bis allerdings Großküchengeräte, wie Elektroherde und Kühlschränke, flächendeckend Einzug in die Haushalte hielten, sollten noch einige Jahrzehnte vergehen. Erst seit den 1960er Jahren gehören sie zum Standardinventar in deutschen Küchen und veränderten nachhaltig die Zubereitungsart von Nahrungsmitteln. Frische Lebensmittel mussten nicht mehr durch sofortige Weiterverarbeitung haltbar gemacht, sondern konnten durch Tiefkühlen zur späteren Zubereitung in der Tiefkühltruhe gelagert werden. Das Kochen mit einem Elektroherd unterscheidet sich bezüglich der Zubereitungsart der Lebensmittel nur wenig von dem auf einem Sparherd. Vielmehr spielt der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle. Musste man zuvor Holz als Brennstoff für den Herd besorgen, eventuell noch Scheite hacken, um das Feuer entfachen zu können und nach dem Kochen die Asche ausleeren, reichte mit Erwerb des Elektroherdes ein einfacher Knopfdruck zur Erwärmung einer Herdplatte. Die Zeit, die somit in der Küche verbracht und für das Zubereiten der Speisen aufgewendet werden musste, verringerte sich enorm und ließ dadurch Raum für alternative Aktivitäten.
Einbauküche und Fertiggerichte als Bestandteile der Rationalisierung
Die Frage des Zeitaufwands in der Küche beschäftigte bereits Architekten der Bauhaus-Bewegung. Die Küche als Ort des Geschehens erfuhr hier mit dem Bestreben, eine klare Gliederung in den Wohnraum einfließen zu lassen, eine strukturelle Überarbeitung. Die Wege sollten verkürzt werden und möglichst alles an einem festen Platz und mit ein paar Handgriffen erreichbar sein. Sicherlich fand man diese Innovation der Innenarchitektur in den 1920er Jahren lediglich in ausgewählten Haushalten. Aber die Überlegungen zu Effizienz und kurzen Wegen in der Küche entwickelten sich dann in den 1970er Jahren zu der heute allseits bekannten Einbauküche. Mit dem Einzug von Fertigprodukten, wie zum Beispiel der Fertigpizza oder der Tütensuppe seit den 1970er Jahren, reduzierte sich der Aufwand, der zur Zubereitung von Speisen benötigt wurde, erneut. Das Kochen entwickelte sich dadurch von einer zwingenden Notwendigkeit für die Nahrungsaufnahme hin zu einem „Spiel mit den Möglichkeiten der kulturellen Selbstausstattung“ (Timo Heimerdinger). So ist heute das Kochen für viele Menschen mit dem Ausdruck eines bestimmten Lebensstils verbunden, oder kann einfach nur als entspannende Art der Freizeitgestaltung betrieben werden.