Der Anbau von Getreide galt lange Zeit als unabdingbar für die eigenständige Versorgung der Landwirte ebenso wie für den Verkauf zur Grundversorgung der nicht bäuerlichen Bevölkerung. Das Wort kommt vom Mittelhochdeutschen „getregede“, eigentlich „das [von der Erde] Getragene“. Anbau, Ernte sowie die Verarbeitung erfuhren im Laufe des 20. Jahrhunderts einer tiefgehenden Veränderung, die sich vor allem in einer Mechanisierung bemerkbar machte und grundlegende Auswirkungen auf die alltägliche Lebenswelt der Landwirte und der übrigen auf den Höfen arbeitenden Menschen nach sich zog. Doch wie wird Getreide überhaupt angebaut und geerntet?
Historische Grundlagen
Anbau und Verarbeitung von Getreide gehören zu den ältesten Kulturtechniken in der Entwicklung des Menschen. Bereits vor über 10.000 Jahren wurde in den Hochkulturen des Nahen Ostens Getreideanbau betrieben. Die zahlreichen Getreidearten sind Züchtungen aus Süßgräsern, im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts sind ehemals verbreitete Getreidesorten wie Emmer, Dinkel und Einkorn weitgehend durch Weizen, Roggen und Mais ersetzt worden.
Das stärke- und kohlenhydratreiche Getreide gehört zu den Grundnahrungsmitteln und war bis zum Wechsel der Nahrungssysteme um 1800 vor allem Ausgangsmaterial einer vielfältigen Brei- und Brotkost. Getreidepflanzen haben spezifisch Ansprüche an Boden und Klima, um sie als Nahrung einzusetzen muss zudem die geerntete Getreidefrucht teilweise aufwendig weiterbearbeitet werden. ****
Bodenvorbereitung und Aussaat
Bevor die Saat ausgebracht werden konnte, musste der Acker mit Pflug, Grubber, Egge und anderen landwirtschaftlichen Geräten vorbereitet werden. Je nach Region und Größe des landwirtschaftlichen Betriebs wurde die Saat noch per Hand ausgebracht, obgleich sich Drillmaschinen bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts verbreiteten. Diese beschleunigten die Aussaat und sparten rund ein Drittel der benötigten Saatmenge ein, denn durch das genaue Verteilen wurde weniger Ausschuss produziert. Heutige Säkombinationen erledigen zudem Arbeiten wie das Eggen, also das Zerkleinern von Erdschollen, zusammen mit der Saatablage und dem abschließenden Walzen in einem Arbeitsschritt.
Wie auch in den anderen Bereichen der Landwirtschaft war die Arbeitserleichterung durch die Nutzung von Traktoren enorm. In Deutschland fand deren Verbreitung verstärkt ab Mitte der 1920er Jahre statt – angeführt durch den Traktor Bulldog der Firma Lanz. Konnte man mittels Drillmaschine und Pferdezug an einem Tag die Saat auf 7-12 Hektar ausbringen, schafften schleppergezogene Kombinationen in der selben Zeit ein Vielfaches dieser Fläche.
Ernten und Dreschen
War das Getreide einmal in der Erde, so bedurfte es zwar regelmäßiger Kontrolle, aber doch wenig Arbeit: vor allem die vorherige Bodenbearbeitung in Kombination mit dem Wetter waren jetzt dafür verantwortlich, wie das Getreide wuchs. Auch bei der Ernte und der Weiterverarbeitung ergaben sich zahlreiche Veränderungen. Wurde das Getreide bis teilweise weit in das 20. Jahrhundert hinein mit Sichel, Sichte oder Sense gemäht, zusammengebunden, zu Hocken aufgestellt und nach der Trocknung mit dem Dreschflegel oder der Dreschmaschine gedroschen, sorgten nach und nach Mähmaschinen, Mähbinder und Mähdrescher für Arbeitserleichterungen.
Das Dreschen, also das Trennen des Korns vom Halm, erfolgte – auch hier je nach Region und Größe des landwirtschaftlichen Betriebs – zu Anfang des 20. Jahrhunderts teils noch mit dem Dreschflegel. Dieses enorm arbeits- und zeitintensive Verfahren wurde meist nachbarschaftlich erledigt. Im Verlauf der folgenden Jahrzehnte verbreiteten sich Dreschmaschinen, die den Arbeitsaufwand signifikant senkten. Je nach Größe mussten die Dreschmaschinen dabei auf unterschiedliche Weise extern betrieben werden – mit Göpeln, Dampfmaschinen, Verbrennungs- oder Elektromotoren. Auch dies war noch eine nachbarschaftliche Aktivität. Man half sich nicht nur bei diesen aufwändigen Arbeiten, häufig wurden auch die Dreschmaschinen genossenschaftlich erworben und betrieben. In den 1950er bis 1960er Jahren wurden diese schließlich durch die moderneren Mähdrescher verdrängt, welche den Arbeitsschritt des Ausdreschens des Getreides direkt auf dem Feld erledigten.
Vom Korn zum Brot
Für die Weiterverarbeitung musste das Korn zunächst gereinigt werden. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts benutzte man dafür auf kleineren Höfen noch geflochtene Wannen, auf größeren Höfen bereits mechanische Windfegen. Das gereinigte Korn konnte nun in mechanischen Mühlen zu Mehl gemahlen werden, die in den 1950er und 1960er Jahren durch industrielle Mühlen abgelöst wurden. Anschließend konnte es beispielweise zu Brot verarbeitet werden. Das Backen geschah als Lohnarbeit oder für den Eigenbedarf, im eigenen Backofen oder auch in Gemeindebacköfen. Die Form des gemeinschaftlichen Backens wurde im Rheinland bis in die 1930er Jahre betrieben – vereinzelt sogar noch bis in die 1970er Jahre. Ansonsten wurde das Backen zunehmend von eigenständigen Bäckereien übernommen. Das Korn wird heute an Mühlen geliefert, die das gewonnene Mehl wiederum verkaufen. Getreide wird allerdings nicht nur zum Backen verwendet; auch als Flocken, Kaffeeersatz, Öle, Stärke, Malz, Spirituosen und sogar als Biokraftstoff finden die verschiedenen Getreidesorten Verwendung.