Direkt zum Inhalt

Handheld Konsolen

Der Siegeszug der Handheld-Konsolen oder wie Pokémon und Co. in die Kinderzimmer einzogen

Handheld-Konsolen: sie sind klein, praktisch und portabel. Im Zuge des Booms von elektronischen Spielgeräten erreichten sie in den 1970er- bis 1990er-Jahren ihren Höhepunkt. Besonders die Erfindung des Gameboys von Nintendo veränderte das digitale Spielen nachhaltig.

Vom Taschenrechner zur Spielkonsole

Das „Mattel Auto Race“ von Mattel, 1976.
Foto: Hans-Theo Gerhards/LVR

Donkey Kong“ aus der „Game & Watch“Serie von Nintendo, 1982.
Foto: Hans-Theo Gerhards/LVR

Die ers­te Hand­held-Kon­so­le kam 1976 auf den Markt: da­s „Mat­tel Au­to Ra­ce“ ­des Spiel­zeug­her­stel­lers Mat­tel, ein klas­si­sches Au­to­renn­spiel. Für die Ent­wick­lung des Hand­helds wur­de ein stan­dar­di­sier­ter Ta­schen­rech­ner-Chip so um­funk­tio­niert, dass kur­ze Leucht­im­pul­se gro­be Be­we­gun­gen si­mu­lie­ren konn­ten. Die ers­ten Hand­held-Kon­so­len zeich­ne­ten sich noch durch ein schwarz-wei­ßes LED-Dis­play mit ge­rin­ger Auf­lö­sung und nicht-aus­tausch­ba­ren Spiel­in­hal­ten aus. Das än­der­te sich 1979 mit der „Mi­cro­vi­si­on“, der ers­ten Hand­held-Kon­so­le mit aus­tausch­ba­ren Mo­du­len und ei­nem LCD-Dis­play. Die­se Ge­rä­te wa­ren an­fangs häu­fig an­fäl­lig für Feh­ler, ver­brauch­ten viel Strom und wa­ren sehr teu­er; von ei­ner Mas­sen­taug­lich­keit der Hand­helds konn­te hier noch kei­ne Re­de sein. In den 1980er-Jah­ren nahm die Wei­ter­ent­wick­lung und Ver­brei­tung von Hand­held-Kon­so­len wei­ter zu. Nin­ten­do wur­de mit der „Ga­me & Watch“-Se­rie, dem Vor­läu­fer­mo­dell des Game­boys, prä­gend für ei­ne gan­ze Ge­ne­ra­ti­on. In ins­ge­samt 56 Hand­helds, al­le er­schie­nen zwi­schen 1980 und 1991, er­wach­ten noch heu­te be­lieb­te Spiel­cha­rak­te­re wie Don­key Kong, Su­per Ma­rio Bros. und Zel­da zum Le­ben._ _Hand­held-Kon­so­len wur­den im Ver­lauf der 1980er-Jah­re im­mer er­schwing­li­cher. Un­zäh­li­ge Ge­rä­te preis­güns­ti­ge­rer Her­stel­ler lie­ßen sich auch von ei­nem klei­nen Ta­schen­geld kau­fen.

Tetris, Pokémon und der Gameboy

Der Game­boy war ein Phä­no­men, das bis heu­te ei­nen ein­zig­ar­ti­gen „Kult­sta­tus“ be­sitzt. Nin­ten­do brach­te die Hand­held-Kon­so­le 1989 in Eu­ro­pa auf den Markt und eta­blier­te sich sehr schnell mit Spie­len wie „Te­tris“ in der in­ter­na­tio­na­len Un­ter­hal­tungs­in­dus­trie._ _Trotz der leis­tungs­star­ken Kon­kur­renz, wie dem Ata­ri Lynx und dem Se­ga Ga­me Ge­ar, und der ver­gleichs­wei­se schlich­ten 8-bit-Tech­no­lo­gie des Game­boys, ent­wi­ckel­te das Hand­held in den 1990er-Jah­ren mit Ab­stand die höchs­te Nach­fra­ge auf dem Markt. Dies lag ei­ner­seits an dem ver­gleichs­wei­se güns­ti­gen Preis des Game­boys, an­de­rer­seits aber auch an den von Nin­ten­do ver­mark­te­ten Spie­len wie bei­spiels­wei­se „Po­ké­mon“ oder „Su­per Ma­ri­o“. Be­son­ders das 1996 er­schie­ne­ne Spiel „Po­ké­mon“ ver­setz­te ei­ne gan­ze Ge­ne­ra­ti­on von Kin­dern und Ju­gend­li­chen in den Aus­nah­me­zu­stand. Auf den Schul­hö­fen wur­den über Jah­re hin­weg die Edi­ti­on Blau, Rot und Gelb ge­spielt, Sam­mel­kar­ten aus­ge­tauscht und stolz die un­zäh­li­gen Mer­chan­di­se-Pro­duk­te prä­sen­tiert. Bis heu­te hal­ten sich Pro­duk­te und neue TV-Se­ri­en rund um das „Po­ké­mon“-Uni­ver­sum. Dies hängt ver­mut­lich so­wohl mit ei­ner an­hal­ten­den nost­al­gisch mo­ti­vier­ten Tra­die­rung als auch mit ei­ner Neu­ent­de­ckung die­ser pos­sier­li­chen We­sen durch Kin­der und Ju­gend­li­che in der Ge­gen­wart zu­sam­men.

Der Konkurrenzkampf um die Marktherrschaft

Nin­ten­do set­ze sich mit dem durch­schla­gen­den Er­folg des Game­boys un­be­strit­ten ein Denk­mal. Aber die Kon­kur­renz schlief nicht: Sony ver­öf­fent­lich­te 2004 mit sei­ner Play­Sta­ti­on Por­ta­ble (PSP) ei­ne Hand­held-Kon­so­le, die sich als ein wah­res Mul­ti­funk­ti­ons­ge­rät er­wies: Es konn­ten nicht nur Spie­le ge­spielt, son­dern auch Mu­sik, Fil­me und Fo­tos wie­der­ge­ge­ben so­wie im In­ter­net ge­surft wer­den. __Fast zeit­gleich ver­öf­fent­lich­te Nin­ten­do die er­folg­reichs­te Hand­held-Kon­so­le al­ler Zei­ten: den Nin­ten­do DS. Sei­ne zwei Bild­schir­me bo­ten die Chan­ce, kom­ple­xe­re Spiel­in­hal­te dar­zu­stel­len und in Ver­bin­dung mit der Touch­screen-Funk­ti­on des un­te­ren Dis­plays mach­ten sie das Spie­len noch ab­wechs­lungs­rei­cher und span­nen­der. Vor al­lem die „Nin­ten­dogs“, vir­tu­el­le Kin­der­träu­me auf vier Pfo­ten, er­ober­ten die Her­zen vie­ler Kin­der und Ju­gend­li­cher. Mit der Markt­ein­füh­rung des iPho­nes von App­le 2007, er­reich­te das mo­bi­le Spie­len ei­ne ganz neue Ziel­grup­pe. Durch das ein­fa­che Her­un­ter­la­den der Spie­le di­rekt auf das Smart­pho­ne ka­men auch Ge­le­gen­heits­spie­len­de auf den Ge­schmack des (kurz­wei­li­gen) Ga­mings. Ei­ne Ära des Um­bruchs be­gann.

Obsolet oder noch immer ein Erfolgskonzept? – Handheld-Konsolen in der Gegenwart

Zu Be­ginn der 2010er-Jah­re än­der­te sich der Stel­len­wert von Hand­held-Kon­so­len durch das Auf­kom­men von leis­tungs­star­ken Smart­pho­nes und Ta­blets. Spe­zi­ell die LTE/5G-fä­hi­gen Smart­pho­nes stell­ten ei­ne enor­me Kon­kur­renz für die klas­si­schen Hand­held-Ge­rä­te dar. Spie­le wie „Po­ké­mon Go“ lös­ten durch die so­ge­nann­te Aug­men­ted Rea­li­ty (AR) re­gel­rech­te Hy­pes aus und konn­ten mit fast al­len Smart­pho­nes kos­ten­los ge­spielt wer­den. Die Spie­len­den pro­ji­zier­ten di­gi­ta­le Ele­men­te in die rea­le Welt und funk­tio­nier­ten so ihr di­rek­tes Um­feld zur Spiel­flä­che um. Kin­der und Ju­gend­li­che, aber auch Er­wach­se­ne tra­fen sich mit Smart­pho­nes und Power­banks im Park, um die bes­ten Or­te zum Fang der „Po­ké­mon“ zu fin­den. Der Markt­füh­rer Nin­ten­do re­agier­te auf die­se Ent­wick­lung des por­ta­blen Ga­mings mit der Hy­bri­di­sie­rung der Nin­ten­do Wii zur Wii U, wel­che nun als Steue­rungs­ele­ment ei­ne ei­gen­stän­di­ge Hand­held­funk­ti­on be­kam. Die Wei­ter­ent­wick­lung die­ses Kon­zepts setz­te das Un­ter­neh­men 2017 mit der Nin­ten­do Switch er­folg­reich fort. Die Kon­so­le ließ sich por­ta­bel ein­set­zen und mit ei­nem ein­fa­chen Ein­ste­cken in die Do­cking­sta­ti­on auf den Fern­se­her pro­ji­zie­ren. Der Er­folg spricht für sich, denn die Nin­ten­do Switch ist nach der Play­sta­ti­on 2 die meist­ver­kauf­te Kon­so­le welt­weit. Das Spie­len hat in den letz­ten 50 Jah­ren ei­ne Trans­for­ma­ti­on durch­lebt und par­al­lel zum klas­si­schen Spiele­markt ei­ne Spiel­kul­tur ent­wi­ckelt, de­ren Raum sich zu gro­ßen Tei­len vom Ana­lo­gen ins Di­gi­ta­le ver­scho­ben hat. Ju­gend­li­che tref­fen sich we­ni­ger phy­sisch, son­dern ver­mehrt auf den Spie­le­platt­for­men ih­rer Wahl. Das In­ter­net und die fort­schrei­ten­de tech­ni­sche Ent­wick­lung ha­ben so auch die Spiel­kul­tur nach­hal­tig ver­än­dert. 

Weiterführende Literatur

Fa­ber, Ron; Schwarz, Man­fred: Ga­mes – PC, Kon­so­le, on­line & mo­bil: Ent­de­cken Sie die gan­ze di­gi­ta­le Spie­le­welt. oh­ne Ort 2010.  

Fors­ter, Win­nie: Spiel­kon­so­len und Heim­com­pu­ter 1972 bis 2015. oh­ne Ort 2015.  

Kart­si­os, Gre­gor: Das ABC der Vi­deo­spie­le. Al­les, was Ga­mer über Vi­deo­spiel­ge­schich­te wis­sen müs­sen. Ol­den­burg 2021.  

Seu­fert, Ste­fan: Ga­me Over. In: Wie­se, Gi­se­la (Hg.): Spiel­wel­ten. Ei­ne Aus­stel­lung zum Spie­len und Spiel­zeug. Lü­ne­burg 2016.

Zurück nach oben