Die christlichen Osterfeiertage Karfreitag und Ostermontag, die in allen deutschen Bundesländern gesetzliche Feiertage sind, werden heute vielfältig und auf ganz unterschiedliche Weisen gefeiert oder auch nicht besonders begangen. Was an Ostern tatsächlich passiert, wie der genaue Ablauf des Eierversteckens, und -suchens ist, was gekocht und gegessen wird, wann und ob man in die Kirche geht, ist heute in aller Regel individuell oder innerfamiliär geregelt, wird von Jahr zu Jahr neu ausgehandelt oder wird in den Gemeinschaften je unterschiedlich tradiert.
Osterrituale
In den aktuellen, vielfältigen österlichen Ritualen spiegelt sich die Pluralität unserer Gesellschaft, die sich in den letzten 150 Jahren rapide verändert hat. Diese Wandlungsprozesse können besonders gut an etwas so Bekanntem und Alltäglichem wie dem Osterfest abgelesen werden. Denn mit der Gesellschaft wandeln sich auch unsere Bräuche, Rituale und Feste und passen sich unseren Bedürfnissen an; sie reagieren auf gesellschaftliche Veränderungen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein, war Ostern fast ausschließlich kirchlich geprägt und konzentrierte sich auf das liturgische Geschehen in der Kirche, das den Menschen in symbolischen Bildern vermittelt wurde. Christliche Glaubensvorstellungen und die Kirche als Institution beeinflussten in der Vormoderne weite Bereiche des Alltagslebens. Seit dem 18. Jahrhundert wurde die agrarisch-kirchliche Lebensweise immer mehr durch Aufklärung, Rationalismus und andere gesellschaftliche Prozesse aufgelöst. Heute ist auch Ostern ein vielschichtiges und plurales Fest, das durch eine Vielzahl an Ritualen geprägt ist. Der Osterhase als Eierbringer etwa, das Fischessen an Karfreitag oder das Klappern der Kinder, die an Karfreitag die Kirchenglocken durch lautes Ratschen ersetzen, das Anschneiden des Osterlamms am Ostersonntag, das Schmücken der Wohnung mit österlichen Symbolen, das Färben und Bemalen der Ostereier, der Besuch der Ostermesse, Osterfeuer, das Fasten - all dies sind Handlungen, die eng an Ostern geknüpft sind und aktuell parallel existieren.

Zwei Jugendliche mit Karklappern beim Eiersammeln am Karsamstag, Morshausen 1986 Photo: Weber, Peter/Landschaftsverband Rheinland, Rechte vorbehalten - freier Zugang

Marzipanform aus Gips mit der Darstellung eines Osterlammes, Köln 1929 Photo: Gerhards, Hans-Theo/Landschaftsverband Rheinland, Rechte vorbehalten - freier Zugang

Gusseiserne Backform mit dem Motiv eines Osterlammes, 1920er-1930er Jahre Photo: König, Sabine/Landschaftsverband Rheinland, Rechte vorbehalten - freier Zugang
Warum feiern wir eigentlich Ostern?
Ostern ist das älteste christliche Jahresfest und das höchste Fest der Christen. Die Menschen gedenken an diesem Tag der Auferstehung Christi, an die sich die Hoffnung knüpft, ebenfalls aufzuerstehen und von den Sünden erlöst zu werden. Untrennbar mit dem Osterfest ist das Gedächtnis des Todes Jesu Christi verbunden, so dass Karfreitag, Karsamstag und Ostern nur in der Zusammenschau verständlich werden. Es gibt enge Verbindungen zu dem jüdischen Passahfest, denn die ersten Feste der Christen entfalteten sich parallel zum jüdischen Festjahr. Die Juden vergegenwärtigen sich an diesem Tag den Auszug aus Ägypten. An die Stelle des Passahfestes setzten die Christen das Osterfest, hier wird die Befreiung aus der Knechtschaft, von Sünde und Tod durch die Auferstehung Jesus gefeiert. Mit der Ausbreitung des Christentums breitete sich auch das Osterfest aus, im Konzil von Nizäa wurde im Jahr 325 der Termin festgelegt: An jenem Sonntag, der auf den ersten Frühlingsvollmond fällt, wird Ostern gefeiert. Der Ostertermin variiert also und kann rechnerisch zwischen dem 22. März und dem 25. April liegen. Im Verlauf des Mittelalters gewann der Termin im christlichen Festkalender an Bedeutung und steht mit Weihnachten als höchster christlicher Feiertag gleichbedeutend. Viele, heute alltäglich praktizierte Brauchhandlungen und -Vorstellungen haben sich im 19. Jahrhundert etabliert, als das Bürgertum als neue soziale Schicht entstand und sich eine nach innen gerichtete, familiäre Kultur entwickelte.

Tonfigur mit dem Motiv eines Hasen, aus einer Pfeifenbäckerei in Hilgert Photo: Weber, Peter/Landschaftsverband Rheinland, Rechte vorbehalten - freier Zugang

Bemaltes Osterei, Bonn 2002 Photo: Weber, Peter/Landschaftsverband Rheinland, Rechte vorbehalten - freier Zugang

Bemaltes Osterei, Bonn 2002 Photo: Weber, Peter/Landschaftsverband Rheinland, Rechte vorbehalten - freier Zugang