Eine wichtige Innovation in der Bandweberei war der Motorenantrieb der zuvor manuell betriebenen Bandwebstühle. Durch eine zunehmende Automatisierung wurden die Geräte teurer, dies hatte eine Spezialisierung und Vergrößerung der Betriebe zur Folge. Der technische Wandel führte so auch zum Niedergang der Hausbandweberei.
Motoren betreiben die Bandwebstühle
Mit Einführung der Dampfmaschine erlebte die Bandweberei zwischen 1850 und 1900 einen großen Umbruch. Webten die Bandweber ihre Bänder zuvor auf seit 300 Jahren nahezu unveränderten handbetriebenen Bandwebstühlen, so ermöglichte die Ausrüstung der Betriebe mit Transmissionsanlagen nun den Anschluss an die neue Kraftquelle. Doch der Erwerb einer großen und teuren Dampfmaschine kam nur für wenige Hausbandweber in Frage. Als günstigere Alternative entstanden Mietfabriken, die gegen ein geringes Entgelt Stellplätze mit ausreichender Energieversorgung zur Verfügung stellten. Auch viele Verleger erkannten die Vorteile des mechanischen Betriebs. Sie schafften sich eigene Bandwebstühle an und ließen ihre Arbeiter in schnell wachsenden Fabrikanlagen^9773 einfache Bänder, die sogenannte Stapelware, herstellen.
Der Einsatz von Dampfmaschinen konnte die zahlreichen Hausbandwebereien jedoch nur zeitweise schwächen. Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichten erschwingliche Gasmotoren den mechanischen Betrieb von Bandwebstühlen in den eigenen vier Wänden. In der Bandweberstadt Wuppertal-Ronsdorf beispielsweise lief bereits 1894 jeder fünfte Bandwebstuhl in der Heimindustrie mit einem entsprechenden Antrieb. Mit der fortschreitenden Technisierung und Elektrifizierung ersetzten erste Elektromotoren die gasbetriebenen Varianten. In Ronsdorf begann dieser Prozess mit dem Bau des lokalen Elektrizitätswerks im Jahr 1899. Für etwaige Probleme mit der neuen Technik fanden sich die örtlichen Motorenbesitzer, unter ihnen August Thiemann, sogar in einem eigenen Verein, dem „Verein der Elektromotorenbesitzer Ronsdorf“, zusammen.
Auch in den anderen Städten der Region entstanden nach und nach kommunale Elektrizitätswerke, die ein Stromnetz aufbauten . Viele Gemeinden vermittelten für die Anschaffung eines Motors günstige Kredite, die die Entscheidung für eine solch erhebliche Investition erleichtern sollten. Gleichzeitig verließen immer mehr Weber ihre alten, beengten Wirkkammern und erweiterten ihre Wohnhäuser um angebaute Werkstätten. In den so genannten Sheds konnten mit nur einem Motor mehrere Bandwebstühle betrieben werden.
Automatisierung führt zu weiterem Wachstum der Betriebe
Bis 1913 war der Übergang zum mechanischen Betrieb abgeschlossen. Die Arbeitsweise änderte sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg nur geringfügig. Erst Anfang der 1950er Jahre bedingte der Nadelautomat eine nachhaltige Wandlung im Produktionsverfahren. Die in den USA entwickelte Neuerung nutzt zum Führen des Schussfadens durch das Fach eine Nadel anstatt des Schiffchens. Dabei entstehen sowohl eine mit einem Hilfsfaden verhäkelte als auch eine gewebte Kante. Zudem sorgt eine automatische Fadenüberwachung bei einem Fehler für eine selbsttätige Abschaltung des Automaten. Ein Bandweber kann dadurch eine höhere Anzahl an Automaten gleichzeitig bedienen und überwachen. Der Bandweber Andreas H. kontrolliert heute beispielsweise zehn Maschinen gleichzeitig.
In Deutschland tauchten die ersten Nadelautomaten 1959 auf der Internationalen Messe für Textilmaschinen in Hannover auf. Jedoch stellten die Hausbandweber ihre Betriebe auf Grund der hohen Investitionskosten nur langsam auf die neuen Maschinen um. Erst 1979 veröffentlichte der „Verband Bergischer Bandwebermeister e.V.“ eine Lohnliste für an Nadelautomaten hergestellte Bänder. Selbst 1986 kommt eine Befragung noch zu dem Ergebnis, dass nur jeder dritte Hausbandweber einen solchen Automaten besaß.
Technik der Bandweberei heute
Mittlerweile bestimmen moderne Bandwebereien den Markt. Neben den schnellen, vollautomatischen Nadelautomaten weben Breitwebmaschinen wie Heißschneidestühle, Greifer- oder Luftdüsenwebmaschinen in hoher Geschwindigkeit breite Stücke und schneiden diese dann vollautomatisch in Streifen. Das Prinzip wird zum Beispiel in der Etikettenproduktion angewandt. Hier werden die Kanten nicht mehr verwebt, sondern verschmolzen. Doch ganz ohne die alten Bandwebstühle geht es auch heute nicht. Nadelautomaten und Breitwebmaschinen sind für manche Produkte oder komplizierte Muster nicht geeignet.
Spezielle Artikel, wie zum Beispiel rundgewebte Filter und feine Etiketten für Kleidungsstücke und Wäsche, benötigen nach wie vor zwei echte Webkanten. Daher stehen auch in hochmodernen Bandwebereien nach wie vor einige der alten Schiffchen-Bandwebstühle – manche davon über 100 Jahre alt. Der Berufsstand der Hausbandweber ist hingegen nahezu ausgestorben. Die hohen Kosten für technische Innovationen und das damit verbundene wirtschaftliche Risiko hielten die verbliebenen Hausbandweber davon ab, ihr Gewerbe zu modernisieren und konkurrenzfähig zu wirtschaften.
Weiterführende Literatur
Heidermann, Horst: Die Hausindustrie in der Bergischen Bandweberei. Ein Beitrag zur Unternehmensmorphologie. Göttingen 1960.
Konrad, Günter: Die Hausbandwirkerei in Ronsdorf. Aufstieg und Niedergang eines Gewerbezweiges. In: Geschichte im Wuppertal. 10. Jahrgang. 2001.
Schachtner, Sabine: Märkische Hausbandweber. Münster 1986.