Die wirtschaftliche Situation der Bandweber war im 20. Jahrhundert an die jeweilige Auftragslage gekoppelt und schwankte oft stark. Dies hatte Auswirkungen auf den Lebensalltag der ganzen Familie. Vor allem die zunehmende Technisierung und daraus folgende Spezialisierung führten dazu, dass die Hausbandweberei im 20. Jahrhundert fast vollständig verschwand und andere Berufsfelder gesucht werden mussten.
Bandweberei im ländlichen Raum

Die Bandweberin Maria Thiemann in ihrer Werkstatt. Wuppertal-Ronsdorf vor 1987.
Photo: Josua Halbach/LVR
In ländlichen Gebieten hielt sich das Berufsfeld der Bandweberei in Heimarbeit länger als in der Stadt, da die Weber in der Regel Eigentümer und Besitzer ihres Hofes und des Bandwebstuhls waren. Zudem gehörte zum Grundstück meist ein eigener Nutzgarten mit dem die Familien bei schwieriger Auftragslage ihren Bedarf an Lebensmitteln zumindest in Teilen sicherstellen konnten. Die Landwirtschaft blieb auch in der Nachkriegszeit eine wichtige Nebeneinkunft, häufig war sie jedoch der primäre Erwerbszweig und die Bandweberei kam nur in den Wintermonaten zum Tragen.
Der Nutzgarten als Teil der Betriebsplanung

Der Gemüsegarten des Bandweberhauses Thiemann wurde auf dem Gelände des LVR-Freilichtmuseums Lindlar nach alten Plänen rekonstruiert. Lindlar 1994.
Photo: Dieter Wenig/LVR/LVR
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war die Selbstversorgung aus dem eigenen Garten, Feld oder Stall sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum von großer Bedeutung. Auch wenn das durch Lohnarbeit verdiente Geld im Laufe der Industrialisierung zunehmend für Lebensmittel vom Markt oder in Lebensmittelläden ausgegeben wurde, hielt die Arbeiterschaft dennoch an einer Subsistenzwirtschaft fest. Diese sicherte auch bei Lohnausfall die Grundversorgung. Besonders wichtig war diese Sicherheit in Notzeiten wie den beiden Weltkriegen, bei Wirtschaftskrisen mit hoher Inflation, bei Kurzarbeit oder vollständiger Arbeitslosigkeit. Auch für die Hausbandweberin Maria Thiemann im ländlichen Wuppertal-Ronsdorf bedeutete ihr großer Nutzgarten die Absicherung vor Auftragsflauten. Die Erträge sicherten ihr auch dann ihren bescheidenen Lebensstandard. Noch um 1938 bewirtschafteten 65 Prozent aller Arbeiterfamilien im ländlichen Raum eine Bodenfläche. In Klein- und Mittelstädten bauten etwa 50 Prozent, in den deutschen Großstädten immerhin noch ein Viertel aller Arbeiter selbst Gemüse und Obst an. Im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs ging die Selbstversorgung in den 1950er Jahren in ganz Deutschland stark zurück. Die Lebensmittelpreise sanken, der eigene Anbau lohnte sich finanziell nicht mehr und auch bei den Hausbandwebern ging die Anzahl derer, die Landwirtschaft als Nebenerwerb betrieben, auf rund fünf Prozent zurück.
Bandweberei in den Städten

Leben und Arbeiten auf engstem Raum: der Bandwebstuhl der Hausbandweberin Maria Thiemann stand mitten in der Wohnküche. Wuppertal-Ronsdorf vor 1987.
Photo: unbekannt/LVR
Besonders im städtischen Bereich glich die Lebensweise der Hausbandweber der von anderen Arbeitern. Diese lebten ab dem späten 19. Jahrhundert zur Miete oder in eigens für sie errichteten, einfachen Reihenhauszeilen oder Doppelhaushälften. In Städten wie Schwelm oder Wuppertal wohnten zwischen 40 und 50 Prozent der Bandwirker zur Miete, was meist auch angemietete Arbeitsräume und damit hohe Kosten zur Folge hatte. Viele Bandweber gaben bei andauernder Auftragsflaute deshalb ihren Beruf auf, um die Mietkosten einzusparen. In den 1950er Jahren bewohnten die Hausbandweberfamilien im städtischen Raum in der Regel Wohnungen mit zwei bis drei Zimmern. Hinzu kam eine Wohnküche. Über ein separates Wohnzimmer verfügten nur wenige Familien. Auch vollständig eingerichtete Badezimmer gab es zu dieser Zeit nur sehr vereinzelt. In den meisten anderen Haushalten der Platz sehr beengt und eine Privatsphäre nur eingeschränkt gegeben.
Multifunktionale Raumnutzung

Werkstatt im Bandweberhaus, Rekonstruktion im Museum. Lindlar 2000.
Photo: Marek Ratajczak/LVR
Aufgrund der beengten Wohnsituation wurden die Räume multifunktional genutzt. Die Grenzen zwischen Wohn- und Arbeitsräumen waren fließend. Befand sich die Webkammer in der Nähe der Wohnung, war der Arbeitsplatz des Mannes bis in die 1950er Jahre stark in den Lebensraum der Familie eingebunden. Die Mahlzeiten nahmen alle Familienmitglieder in der Regel gemeinsam ein, oft in der Webstube, damit der Webstuhl weiterlaufen konnte. Diese Webkammer nutzte die Familie meist auch für andere Hausarbeiten oder sogar als Spielplatz für die Kinder. Erst mit der Trennung von Arbeitsplatz vom Wohnhaus löste sich diese Multifunktionalität zunehmend auf.