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Haarbilder

Besondere Erinnerungsstücke

Haarbilder wurden aus menschlichem Haar angefertigt und sollten als Erinnerungsstücke im Trauerfall dienen. Sie wurden aber auch zu Hochzeiten gestaltet. Man wollte einen Teil des geliebten Menschen bei sich tragen oder täglich sehen, sodass viele Haarbilder ihren Platz in der guten Stube fanden. Neben Haarbildern gab es weitere Erinnerungsstücke wie etwa Medaillons oder Ketten, die aus menschlichem Haar gefertigt waren.

Blütezeit der Haarbilder

Auf der Rückseite wird der anfertigende Friseur genannt.
Photo: Jan Clevinghaus/LVR, CC BY 4.0

Ih­re Blü­te­zeit hat­ten die Haar­bil­der zwi­schen 1840 und 1900 und ge­rie­ten dann nach an­dert­halb Jahr­hun­der­ten zu­neh­mend aus der Mo­de. Be­reits in der An­ti­ke ist die ein­zel­ne Lo­cke im To­ten­kult be­zeugt, doch das Aus­ge­stal­ten gan­zer Bil­der aus Haa­ren kam erst An­fang des 19. Jahr­hun­derts auf. Das Haar wur­de als Sitz der Kraft, des Le­bens, teils der See­le be­trach­tet. Die her­ge­stell­ten Er­in­ne­rungs­stü­cke wa­ren emo­tio­nal hoch auf­ge­la­den. Be­son­ders in der Ro­man­tik, wo Ge­fühl und Freund­schaft zu­neh­mend ei­ne gro­ße Rol­le spiel­ten und Wohn­räu­me oft­mals künst­le­risch aus­ge­stal­tet wur­den, kam die Kunst der Haar­bil­der auf. Fri­seu­re und Pe­rü­cken­ma­cher hat­ten we­ni­ger Auf­trä­ge, da das Tra­gen von Pe­rü­cken im­mer we­ni­ger mo­dern war und nach der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on als Sym­bol der re­form­feind­li­chen Aris­to­kra­tie und längst ver­gan­ge­ner Zei­ten galt. So such­ten sie ein wei­te­res Be­tä­ti­gungs­feld. Be­reits Mit­te des 19. Jahr­hun­derts war Kunst aus Haa­ren als ei­ge­ne Kunst­gat­tung an­er­kannt, wie sich et­wa an Sek­tio­nen deut­scher Ge­wer­be­aus­stel­lun­gen oder Welt­aus­stel­lun­gen zei­gen lässt. Bis et­wa 1900 wa­ren Haar­bil­der in ganz Mit­tel- und Nord­eu­ro­pa ver­tre­ten, ver­lo­ren dann aber an Be­deu­tung, da sich der Le­bens­stil ver­än­der­te und Haar­bil­der als nicht mehr zeit­ge­mäß gal­ten.

Herstellungstechniken und Motive

Haar­bil­der wur­den nicht nur von Pe­rü­cken­ma­chern her­ge­stellt (Auf der Rück­sei­te von Ob­jekt 1970/1303 ist der Na­me des an­fer­ti­gen­den Fri­seurs no­tiert). Auch Non­nen­k­lös­ter spe­zia­li­sier­ten sich auf die An­fer­ti­gung die­ser Er­in­ne­rungs­stü­cke an Ver­stor­be­ne. Häu­fig stell­ten aber auch groß­bür­ger­li­che und ade­li­ge Frau­en selbst die Haar­bil­der aus den Haa­ren ih­rer ver­stor­be­nen An­ge­hö­ri­gen her. Grund­le­gend las­sen sich zwei Her­stel­lungs­tech­ni­ken un­ter­schei­den: Die Schlin­gen- bzw. Schlauf­en­tech­nik und die Kle­be­tech­nik. Flo­ra­le Bild­ele­men­te sind in fast al­len Bil­dern ent­hal­ten (z.B. 1997/39021962/21871970/1303). Zum Teil sind sie mit Va­sen, Füll­hör­nern und Grab­mo­nu­men­ten (1970/1303) ver­bun­den. In Schlin­gen- und Schlauf­en­tech­nik wur­den be­son­ders Blu­men­sträu­ße und Blü­ten­krän­ze ge­stal­tet. Hier­zu wur­de das Haar ge­floch­ten, ge­wo­ben oder ge­klöp­pelt und teils mit klei­nen Per­len oder dün­nen Sil­ber- oder Gold­dräh­ten ver­ziert. Bei der Kle­be­tech­nik wur­den Bil­der aus klein­ge­schnit­te­nen, par­al­lel ge­leg­ten und zu For­men ge­kleb­ten Haa­ren ge­fer­tigt. Hier sind oft­mals Bäu­me oder Fe­dern dar­ge­stellt. Die Haar­bil­der wur­den hin­ter Glas ge­rahmt und zum Teil mit Fo­tos der Ver­stor­be­nen (2009/105, 1986/283 o­der 2016/270) so­wie de­ren Na­men und Le­bens­da­ten er­gänzt (2016/24)  oder mit ei­nem Sinn­spruch ver­se­hen (2012/83). Zur Her­stel­lung ver­schie­de­ner Schmuck­stü­cke und Haar­bil­der gab es di­ver­se Mus­ter­bü­cher und An­lei­tun­gen.

Literaturhinweise:

Ni­na Go­cke­rell: Aus Men­schen­haar ge­fer­tig­ter Schmuck. Ur­sprün­ge, Mo­ti­vie­rung, Ent­wick­lung. In: Waf­fen- und Kos­tüm­kun­de, 1980, S. 45–64 und 1981, S. 39–54.
Chris­tia­ne Holm: In­ti­me Er­in­ne­rungs­ge­flech­te: Me­mo­ri­al­schmuck aus Haa­ren um 1800. Kri­ti­sche Be­rich­te, 32. Jahr­gang, 2004, S. 29–41.
Ni­co­le Tie­de­mann: Haar-Kunst. Zur Ge­schich­te und Be­deu­tung ei­nes mensch­li­chen Schmuck­stücks, Köln 2006.
Ja­na Wit­ten­zell­ner: Haar­bil­der. Er­in­ne­run­gen un­ter Glas, Hu­sum 2020. 

Created at: 10.06.2025, last modified: 30.06.2025
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