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Holzbearbeitung im Rheinland

Holz als Roh- und Werkstoff

Die Bandbreite der Holzverarbeitung reicht von Drechslerarbeiten bis zur Papierproduktion. Neue Materialien und neue Anforderungen bedingten einen Wandel in der Produktpalette und Herstellungsweise.

Holzbearbeitendes Handwerk

Tisch mit verschiedenen Holzfurnieren, 1950er Jahre.
Photo: Hans-Theo Gerhards/LVR

Holz als na­tür­lich vor­kom­men­der Roh­stoff wird in al­len Be­rei­chen der All­tags­kul­tur ver­wen­det. Das holz­ver­ar­bei­ten­de Ge­wer­be um­fasst un­ter­schied­li­che Be­ru­fe, die ent­we­der den Werk­stoff als sol­chen in ei­ne zweck­mä­ßi­ge Form und Aus­ge­stal­tung brach­ten (z. B. Mo­del­schnit­zer, Zim­mer­mann oder auch spe­zi­el­le­re Be­ru­fe wie der des Holz­schuh­ma­chers), oder das Roh­ma­te­ri­al un­ter Zu­ga­be wei­te­rer Stof­fe zu ei­nem neu­en Pro­dukt ent­wi­ckel­ten, wie die Pa­pier­ma­cher. Die meis­ten Ar­beits­schrit­te wur­den vor al­lem auf­grund der Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten auch zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­dert noch in hand­werk­li­cher Ar­beit er­le­digt.

Neue Materialien ersetzen Holz

Butterlöffel aus Holz, um 1900.
Photo: Hans-Theo Gerhards/LVR

Seit Mit­te des 20. Jahr­hun­derts hiel­ten neu­ar­ti­ge Ma­te­ria­li­en, Kunst­stof­fe und Me­tal­le Ein­zug in Haus­hal­te und Be­trie­be und er­setz­ten Ge­rät­schaf­ten und Uten­si­li­en aus Holz. Da­mit wur­den vie­le der bis­her spe­zia­li­sier­ten holz­ver­ar­bei­ten­den Hand­wer­ke über­flüs­sig oder ver­lo­ren an Be­deu­tung. Die fort­schrei­ten­de Mo­to­ri­sie­rung nach dem Zwei­ten Welt­krieg lös­te von Men­schen oder Tie­ren ge­zo­ge­ne, meist höl­zer­ne Trans­port­mit­tel, wie Fuhr­wa­gen, Hand­kar­ren und Zug­kar­ren durch mo­tor­be­trie­be­ne Va­ri­an­ten ab. Bier-, Wein-, oder He­rings­fäs­ser für die Vor­rats­hal­tung aber auch et­wa Jau­chefäs­ser wur­den grö­ß­ten­teils durch Plas­tik- oder Me­tall­tanks er­setzt, die Re­pa­ra­tur be­schä­dig­ter Holz­fäs­ser über­flüs­sig – da­mit auch der Be­ruf des Kü­fers selbst. Oft­mals er­hiel­ten sich le­dig­lich zu Re­prä­sen­ta­ti­ons­zwe­cken Holz­fäs­ser oder Zier­ge­fä­ße.

Im häus­li­chen Be­reich wur­den die Kü­chen- und Ba­cku­ten­si­li­en wie Pfan­nen­wen­der, Rühr­löf­fel oder For­men aus Holz in vie­len Be­rei­chen durch Pro­duk­te aus ver­schie­de­nen Kunst­stof­far­ten, Me­tall oder Ma­te­ri­al­kom­bi­na­tio­nen er­setzt. Die­se brach­ten durch ih­re Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten Er­leich­te­rung in den Ar­beits­all­tag oder die als Frei­zeit­ge­stal­tung be­trie­be­nen Koch- und Back­vor­gän­ge. Das leich­te­re und ro­bus­te­re Ma­te­ri­al war auch für die im Zu­ge der Elek­tri­fi­zie­rung der Kü­chen­ge­rä­te im­mer wei­ter ver­brei­te­te Spül­ma­schi­ne ge­eig­net.

Neuer Aufschwung und Wandel der Holzprodukte nach dem Zweiten Weltkrieg

Industriell gefertigter Stuhl aus Holz, 1920er Jahre.
Photo: Suzy Coppens/LVR

Die durch den Wie­der­auf­bau im Nach­kriegs­deutsch­land ent­stan­de­nen Be­dürf­nis­se nach Pro­duk­ten für ver­schie­de­ne Ein­satz­be­rei­che, wie et­wa im Haus­bau, Hau­sin­nen­aus­bau und Werk­zeug, aber auch Ver­pa­ckungs­mit­tel oder Ge­häu­se für tech­ni­sche Ge­rä­te, för­der­ten den Ab­satz holz­ver­ar­bei­ten­der Be­trie­be zu­nächst. Ver­stärkt wur­de die­ser Trend durch den Zu­zug von Mi­gran­ten mit Kom­pe­ten­zen im Be­reich der Holz­be­ar­bei­tung. Die Mö­bel­pro­duk­ti­on, die in den länd­li­chen Ge­gen­den von ver­schie­de­nen Hand­werks­be­ru­fen wie Tisch­ler oder Zim­mer­mann über­nom­men wur­de, ver­lor hin­ge­gen im wei­te­ren Ver­lauf zu­guns­ten der in­dus­tri­el­len Fer­ti­gung an Be­deu­tung. Seit dem letz­ten Drit­tel des 20. Jahr­hun­derts wur­den zu­neh­mend Pro­duk­te aus bil­li­ge­ren Höl­zern, Span­plat­ten, Holz­press­ma­te­ria­li­en, Kunst­stoff­fur­nie­ren und güns­ti­ge­ren Fer­ti­gungs­me­tho­den nach­ge­fragt, die den Her­stel­lungs- und Ver­kaufs­preis glei­cher­ma­ßen wie Le­bens­dau­er der End­pro­duk­te senk­ten. Die­se wur­den in der Re­gel in­dus­tri­ell her­ge­stellt und zu gu­ten Tei­len aus dem bil­li­ger pro­du­zie­ren­den Aus­land im­por­tiert. Deut­li­ches Bei­spiel hier­für ist der Wan­del beim Mö­bel­kauf, der sich vom ört­li­chen Schrei­ner zu gro­ßen Ket­ten ver­la­ger­te.

Die Entwicklung der Papierherstellung

Toilettenpapier war einer der Hygieneartikel, dessen Nachfrage im Laufe des 20. Jahrhunderts stetig anstieg. Badezimmer des Bungalows Kahlenbusch im Freilichtmuseum Kommern, 2015.
Photo: Hans-Theo Gerhards/LVR/LVR

Auch die Pa­pier­in­dus­trie, die im Rhein­land vor­ran­gig im Kreis Dü­ren an­ge­sie­delt ist, re­agier­te fle­xi­bel auf die durch den Wan­del in der All­tags­kul­tur ver­än­der­ten Pro­dukt­wün­sche und die Um­stel­lun­gen an­de­rer In­dus­trie­zwei­ge. Die Pa­pier­her­stel­lung er­folgt durch das Zer­rei­ßen und Zer­klei­nern von Fa­sern in spe­zi­el­len Pa­pier­müh­len und spä­ter ei­ge­nen Pa­pier­fa­bri­ken, die dann im­mer wie­der mit Was­ser ver­setzt und ge­wa­schen wer­den, bis sie schlie­ß­lich so zer­fa­sert sind, dass sie im nächs­ten Ar­beits­schritt ge­schöpft wer­den. Vor­her wer­den Far­ben hin­zu­ge­fügt, wenn ein far­bi­ges Pa­pier ent­ste­hen soll. Da­bei wird der Brei in ein eng­ma­schi­ges Sieb ge­ge­ben, auf ei­ne Un­ter­la­ge ab­ge­drückt und dann ge­trock­net, im An­schluss noch­mals ge­presst und ge­glät­tet. Die prä­zi­se Durch­füh­rung der un­ter­schied­li­chen Ar­beits­schrit­te ist für die Qua­li­tät des Pa­pie­res ma­ß­geb­lich. Der aus Lum­pen ge­won­ne­ne Ha­der war noch im 19. Jahr­hun­dert der ein­zig ver­füg­ba­re Roh­stoff für die auf­wen­di­ge Her­stel­lung von Pa­pier ge­we­sen und wur­de trotz Um­stel­lung auf Holz­fa­ser­stof­fe noch bis in die 1960er Jah­re ver­wen­det. Zu­neh­mend wur­de seit den 1980er Jah­ren auch Alt­pa­pier wie­der­ver­wen­det, um Re­cy­cling­pa­pier her­zu­stel­len und da­durch Res­sour­cen zu scho­nen.

Der Be­darf an Pa­pier stieg nicht nur durch die Li­te­ra­li­sie­rung und die wei­te­re Ver­brei­tung von Mas­sen­me­di­en im­mer wei­ter. Zu­neh­mend fan­den auch neue Pro­duk­te in der Be­völ­ke­rung gro­ßen An­klang: Hy­gie­ne­ar­ti­kel, Pa­pie­re für den me­di­zi­ni­schen Be­reich und Bau­stof­fe wie Stuck aus Pa­pier­mas­se oder Dach­pap­pe konn­ten in in­dus­tri­el­ler Fer­ti­gung kos­ten­güns­tig her­ge­stellt wer­den. Zu­gleich wur­de das Sor­ti­ment be­reits eta­blier­ter Ar­ti­kel aus­ge­baut: Pa­pie­re al­ler Art, Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­li­en oder Kar­ten­pa­pier wa­ren wei­ter­hin nach­ge­fragt. Ein­her­ge­hend mit den struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen des Ein­zel­han­dels, der Um­stel­lung auf kon­fek­tio­nier­te Wa­ren und dem Auf­kom­men der Tra­ge­ta­schen seit den 1950er Jah­ren wur­de Pa­pier als Ver­pa­ckungs­ma­te­ri­al in un­ter­schied­li­chen Qua­li­tä­ten und Ma­te­ri­al­kom­bi­na­tio­nen und ent­spre­chend neu­er ge­sell­schaft­li­cher An­for­de­run­gen wei­ter­ent­wi­ckelt. Die Pa­pier­in­dus­trie spe­zia­li­sier­te sich auf ent­spre­chen­de Ver­bund­stof­fe und spe­zi­el­le Her­stel­lungs­ver­fah­ren.

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