Skip to main content

Arbeitsteilung in der Hausbandweberei

Die Bandweberei als Heimarbeit war eine Sache der ganzen Familie. Auch wenn in der Regel der Mann den Bandwebstuhl bediente wurden Frauen und Kinder in die Vor- und Nachbearbeitungen eingebunden, um die Kosten so gering wie möglich zu halten.

Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung

Maria Thiemann in ihrer Werkstatt vor dem Bandwebstuhl. Sie übernahm 1928 den Betrieb ihres Vaters. Wuppertal-Ronsdorf vor 1987.
Photo: unbekannt/LVR

Die Web­stüh­le in der Haus­band­we­be­rei wur­den haupt­säch­lich von Män­nern be­dient. Sel­ten ar­bei­te­ten auch Frau­en als Band­we­be­rin­nen, et­wa wenn sie den Be­trieb ih­res ver­stor­be­nen Man­nes oder – wie die Band­we­be­rin Ma­ria Thie­mann – Va­ters über­nah­men. Der Mann galt als Haupt­er­werbs­tä­ti­ger der Fa­mi­lie und war Trä­ger des Be­triebs, un­ge­ach­tet, in wel­chem Um­fang sei­ne Fa­mi­lie ihn bei der Ar­beit un­ter­stütz­te. Haus­band­we­ber leb­ten häu­fig in pre­kä­ren Ar­beits­si­tua­tio­nen, erst die Hil­fe von Fa­mi­li­en­mit­glie­dern sorg­te für ei­nen rei­bungs­lo­sen Ab­lauf der ei­gent­li­chen Web­ar­bei­ten. Hil­fe von au­ßer­halb galt es auf­grund des zu­sätz­li­chen fi­nan­zi­el­len Auf­wands zu ver­mei­den. Die Ehe­frau­en er­le­dig­ten haupt­säch­lich Vor- und Nach­ar­bei­ten wie das Vor­be­rei­ten des Spul­ge­stells und die Kon­trol­le der fer­ti­gen Bän­der. Für die Frau­en be­deu­te­te die Mit­hil­fe häu­fig ei­ne star­ke Dop­pel­be­las­tung. Zu­sätz­lich zur Ar­beit im Be­trieb ih­res Man­nes muss­ten sie die Ver­sor­gung des Haus­halts und der Kin­der si­cher­stel­len. Be­son­ders hoch war die Ar­beits­be­las­tung, wenn die Be­wirt­schaf­tung ei­nes Stücks Land oder Vieh­hal­tung hin­zu ka­men.

Familienbetriebe und Betriebsnachfolge

In einer Bandweberei. Bergisches Land, um 1910.
Photo: Karl Peters/LVR

Ty­pi­sche Auf­ga­ben der Kin­der in Fa­mi­li­en der Haus­band­we­be­rei wa­ren das Spu­len von Schuss­fä­den und das Auf­has­peln des fer­ti­gen Ban­des. Sie über­nah­men auch kur­ze Gän­ge zu den Ver­le­gern. Die Mit­hil­fe im vä­ter­li­chen Be­trieb nahm oft ei­nen deut­lich hö­he­ren Stel­len­wert als der Schul­be­such ein. Erst ab 1904 schränk­ten ent­spre­chen­de Ge­set­ze die Kin­der­ar­beit bei Haus­in­dus­tri­el­len ein. Dem­nach durf­ten die ei­ge­nen Kin­der zu Hau­se erst ab dem Al­ter von zehn Jah­ren mit­hel­fen, au­ßer­halb des Hau­ses erst ab zwölf Jah­ren. Bis in die spä­ten 1950er Jah­re hin­ein hal­fen die Kin­der in der Re­gel je­doch wei­ter­hin mit. Die meis­ten Haus­band­we­ber über­nah­men den Be­ruf von ih­ren Vä­tern und lern­ten von klein auf des­sen An­for­de­run­gen ken­nen, wie es auch bei Hand­wer­kern oder Bau­ern die Re­gel war. So auch die Band­we­ber­toch­ter Ma­ria Thie­mann. Durch ih­re jah­re­lan­ge Mit­hil­fe, un­ter an­de­rem an der Spul­ma­schi­ne, war sie mit der Ar­beit ih­res Va­ters ver­traut, oh­ne je ei­ne ent­spre­chen­de Aus­bil­dung ab­sol­viert zu ha­ben. Da­mit war sie je­doch ei­ne Aus­nah­me. Der grö­ß­te Teil zu­künf­ti­ger Haus­band­we­ber be­such­te vor Über­nah­me des Be­triebs ei­ne Fach­schu­le. Nur we­ni­ge Haus­band­we­ber stamm­ten aus an­de­ren Be­rufs­fel­dern. Häu­fig über­nah­men die Söh­ne auf Wunsch oder An­ord­nung der El­tern den vä­ter­li­chen Be­ruf, oft ge­gen ih­re ei­ge­nen Be­rufs­vor­stel­lun­gen.

Wandel der Arbeitsteilung mit zunehmender Technisierung

Details des Bandwebstuhls: Schlägerlade mit Weberschiffchen und Schussspulen, gewebte Bänder. Lindlar 2010.
Photo: Stefan Arendt/LVR

Ab den 1960er Jah­ren wur­de die Haus­band­we­be­rei zu­neh­mend auf­ge­ge­ben, da mit meist nur ein­zel­nen Web­stüh­len nicht mehr kon­kur­renz­fä­hig ge­ar­bei­tet wer­den konn­te. Mit zu­neh­men­der Me­cha­ni­sie­rung der Ar­beit und der Mas­sen­pro­duk­ti­on in grö­ße­ren Fa­bri­ken und Be­triebs­stät­ten ver­än­dert sich auch die Ar­beits­rea­li­tät. Mo­der­ne­re Web­stüh­le brauch­ten auf­grund stär­ke­rer Au­to­ma­ti­sie­rung we­ni­ger Auf­merk­sam­keit, ein Band­we­ber konn­te al­lei­ne ei­ne grö­ße­re An­zahl an Stüh­len be­auf­sich­ti­gen. So be­treut der Band­we­ber An­dre­as H. heu­te zehn Ma­schi­nen: sechs Breit­web­ma­schi­nen und vier Na­del­web­stüh­le.

Zurück nach oben