Nähert man sich der Hofanlage am Rand von Udenbreth, einem Ortsteil der Gemeinde Hellenthal in der Nordeifel, sieht man schon von weitem, dass hier gerade renoviert wird. Vor dem Haus, im ehemaligen Stalltrakt und im Garten stapeln sich Bretter, Dämmmaterialien und andere Bauutensilien. Die ehemalig landwirtschaftlich genutzte Anlage soll zukünftig anders genutzt werden. Die neuen Besitzer des Hauses wollen die Gebäude und das Gelände zum Pferdehof umbauen. Einst befand sich hier ein Milchhof, der ein Großteil des 20. Jahrhunderts hindurch von den Mitgliedern einer Familie geführt wurde.
Anfangsschwierigkeiten
Bereits Anfang der 1920er Jahre hatte der Großvater der Familie mit dem Bau des Wohnhauses und des ersten Stalls begonnen. Der Aufwand des Projektes war sehr groß, denn die Familie machte das Meiste selbst, und die Baumaterialien mussten mit Pferdefuhrwerken und Karren über weite Strecken zur Baustelle transportiert werden. Zusätzliche Schwierigkeiten entstanden durch den z. T. feuchten Moorboden, der zunächst trockengelegt werden musste – Udenbreth liegt im Naturpark Hohes Venn.
Fleisch, Eier, Obst und Gemüse – und die Milch zum Broterwerb
Zusätzlich zum Stall für die Milchkühe, erhielt die Hofanlage einen kleinen Schweine- und einen Hühnerstall. Diese Tiere dienten ausschließlich dem Eigenbedarf der Familie an Fleisch und Eiern. In einem kleinen Nutzgarten wurden Gemüse, Obst und Kräuter gezogen und einige Kaninchen untergebracht, die ebenfalls für den Eigenbedarf der Hausbewohner gehalten wurden. Neben Wohnhaus und Stalltrakt wurde auch eine Lohnsägerei errichtet, die im Nebenerwerb bis in die 1960er Jahre betrieben wurde. Die Hofanlage war umgeben von insgesamt rund 5 ha Weideflächen für die Milchkühe, die die meiste Zeit des Jahres draußen blieben und sich vom frischen Gras und Kräutern ernährten.
Von einer Generation zur Nächsten
Nach seiner Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg übernahm einer der Söhne des Großvaters den Milchbetrieb, Letzterer blieb jedoch – zusammen mit seiner Frau – weiterhin auf dem Hof wohnen und packte überall mit an. Auch die beiden Kinder der Familie – die nunmehr dritte Generation auf dem Hof – halfen bei vielen anfallenden Arbeiten mit. Die Anzahl der Milchkühe wurde auf 30 erwachsene Tiere aufgestockt. Dazu kam Jungvieh, das in einem separaten Kälberstall aufgezogen und später verkauft wurde.
Auf dem neusten Stand der Technik
In den 1970er Jahre erfolgte der Einbau einer neuen Absauganlage mit modernen, leistungsstarken Motoren, im Zuge dessen verlegte man die Milchkammer in einen hinteren, neu errichteten Gebäudetrakt. Im durch den Anbau hinzugewonnenen Raum wurde zudem ein zweiter Kuhstall eingerichtet, und in der alten Milchkammer eine Getreidemühle aufgestellt, deren Trichter über ein Rohr verfügte, das eine direkte Verbindung zum darüber liegenden Heuboden herstellte. Das System der Milchabsauganlage befand sich zu dieser Zeit auf dem neusten Stand der Technik und wurde häufig von anderen Landwirten aus der Gegend besichtigt. Die Schläuche reichten von den Melkgängen des benachbarten Kuhstalls bis in die Milchkammer, wo die frisch gemolkene und automatisch gekühlte Milch direkt in Kannen und in den späteren Jahren in größere Kunststoffsammelbehälter umgefüllt werden konnte. Die Milch wurde alle zwei Tage von einem Tankwagen der Molkerei – erst aus Kall, dann aus Hillesheim, zuletzt aus Bronsfeld – abgeholt.
Kuh- und Kälberhaltung
Befanden sich die Kühe nicht auf einer der umliegenden Weiden, wurden sie im Stall mit Hilfe einer Anbindevorrichtung aus Eisen gehalten. Diese Art der Fixierung war bis vor wenigen Jahren flächendeckend üblich, wenn auch wenig artgerecht. Unmittelbar vor den Anbindeeisen verlief im Boden eine halbrunde, gemauerte Futterrinne quer durch den Raum, in der Heu und Kraftfutter für die Tiere aufgeschichtet werden konnten. Wasser erhielten sie über flache Eisenschalen, die in regelmäßigen Abständen an der Anbindevorrichtung befestigt waren. Eine weitere Bodenrinne hinter den Tieren diente zum Auffangen des Mistes und der Gülle, die durch eine Klappe in der Wand automatisch nach draußen abtransportiert wurde. Direkt neben dem Kuhstall, über einen offenen Durchgang miteinander verbunden, befand sich der Stall für die Kälber, die die Familie ebenfalls in Anbindehaltung hielt. Der Heuboden, der sich über der gesamten Fläche der Stallanlagen erstreckte, war über eine Leiter erreichbar. Dort trocknete das auf den eigenen Wiesen und Feldern erzeugte Heu für die Tiere, das seit 1974 von außen über ein großes Gebläse hochgepumpt, und über eine Schiene regelmäßig im Raum, auf großen Holzgittern, verteilt wurde.
Das Ende der Milchwirtschaft
Das Ende der Milchviehhaltung auf dem Hof wurde 1990 mit dem Ruhestand der zweiten Generation, die den Betrieb seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geführt hatte, eingeläutet. Wie bei vielen landwirtschaftlichen Kleinbetrieben, war keines der Kinder, die inzwischen Familien gegründet hatten und in eigene Häuser umgezogen waren, bereit, den Hof zu übernehmen. Die Milchwirtschaft war schon längere Zeit kaum mehr rentabel und so endete das landwirtschaftliche Kapitel in der Geschichte der Hofanlage. Alle noch verbliebenen Tiere wurden verkauft und der Vater verwirklichte sich einen langgehegten Traum: er richtete sich in einem der ehemaligen Kuhställe eine Hobby-Schreiner-Werkstatt ein. Bis zu seinem Tod im Jahr 2012 stellte er dort Möbel, Spinnräder sowie Türen und Fensterrahmen für seine Familie und Freunde her.
2016, nach dem Verkauf der Hofanlage an die neuen Besitzer, übernahm das LVR-Freilichtmuseum Kommern einige Teile der Ausstattung des ehemaligen Milchbetriebes. Der Zustand des Hofes im Umbau, dessen Entwicklung und Ende beispielhaft für zahlreiche andere, eher kleine Familienbetriebe steht, wurde durch eine Fotodokumentation festgehalten.