Binnenfischerei und Teichwirtschaft sind mehr als die Ausübung eines Handwerks zur Nahrungsbeschaffung. Sie beinhalten gleichermaßen die Bestandspflege und Zucht. Mit der Fischerei verbunden sind zahlreiche Bräuche und Rituale.
Fischgerichte spielen besonders als Freitags- und Fastenspeise eine wichtige Rolle. In Gebieten nahe eines Gewässers gehörte Fisch schon lange zur Nahrung der Menschen. Man fischte für den Eigenbedarf oder für den Handel, jedoch in weitaus geringeren Mengen als heute. Mit der Veränderung der Lebensbedingungen und des Fischereiwesens hat sich die Wertschätzung der Mahlzeit Fisch grundlegend verändert, so galt vor dem Zweiten Weltkrieg der Hering beispielsweise als Nahrung der armen Leute.
Fischerei und Fischverzehr
Im Gegensatz zur Jagd erlangte die Fischerei erst spät eine Bedeutung als Freizeitbeschäftigung. Bereits seit dem Mittelalter waren Fischereirechte gesetzlich geregelt und wurden erworben oder ererbt, also nur Berufsfischern oder dem Adel vorbehalten. Berufsfischer spezialisierten sich im – nicht am Meer gelegenen – Rheinland entweder auf ein Gewässer, wie den Rhein, oder sie erwirtschafteten in Fischteichen ihren Umsatz. Neben einigen Gerätschaften sind für die Fischerei insbesondere spezielle Kenntnisse notwendig. Besondere Fangtechniken können je nach Fließgeschwindigkeit des Gewässers nützlich sein, so dass sich etwa Stellnetze in niedrigen Gewässern durchsetzten. Im Gegensatz zur Binnenfischerei hat die Teichwirtschaft und Fischzucht im Rheinland eine bis heute bestehende Tradition. Die Teiche sind weniger Fremdeinwirkungen ausgesetzt, so dass sich das Ökosystem und die entsprechenden Bestände hier besser regulieren lassen und der Absatz konstanter ist. Mittlerweile erfolgte auch bei diesen Familienbetrieben der Umbau auf technisch moderne Anlagen.
Der gefangene Fisch ist leicht verderblich und muss entweder direkt gekühlt oder in aufwendigen Prozeduren der Vorratshaltung haltbar gemacht werden. Ganze Wirtschafts- und Handwerkszweige entstanden deshalb rund um den Verkauf und vor allem das Pökeln und Räuchern von Fischen. Die verwendeten Zusatzstoffe zur Haltbarmachung des Fisches waren vor allem Salz, Essig, Senf, Gelatine oder Gewürze und mussten größtenteils zugekauft werden. Aufgrund langer Transportwege waren insbesondere Salz und Gewürze teuer und wurden nur für edle Fischsorten verwendet.
Der Fischhandel wurde in der Regel von Hausierern oder Händlern betrieben. Diese waren zumeist aus den Niederlanden angereist und verkauften zu den Markttagen ihren Seefisch an die städtische und ländliche Bevölkerung. Auch die sich im Rheinland ansiedelnden Fischindustriebetriebe bezogen ihre Waren direkt aus Belgien oder den Niederlanden, wenn sie nicht durch die regionalen Fänge versorgt wurden. Besonders Aal, Stockfisch, Forelle, Zander, Bratbückling, Rotauge, Schellfisch, Hecht oder Muscheln wurden den Rheinländerinnen und Rheinländern feilgeboten.
Belasteter Rhein
Im Rheinland musste ein Großteil des verzehrten Fisches zugekauft werden, da sich bereits um 1900 die Wasserqualität des Rheins durch die Vielzahl der benachbarten Industrieanlagen deutlich verschlechterte, worunter beispielsweise die traditionelle Lachsfischerei, später auch die Aalfischerei zu leiden hatten. Lange Zeit wurden industrielle Abwässer fast ungefiltert in den Rhein ebenso wie in andere Gewässer geleitet. So waren gerade die aufsteigenden Industrien auch im oberen Rheinverlauf sowie Bergbau und Stahlindustrie im Ruhrgebiet und später dann auch Kernkraftwerke für starke Verschmutzungen verantwortlich, da Kläranlagen nicht vorgeschrieben waren. Chemieunfälle benachbarter auch ausländischer Industrien, das Abfließen von entsprechendem Löschwasser aus Großbränden der Anrheiner-Industrie und auch Haushaltsabwässern und Insektiziden taten ihr Übriges zur Belastung des Rheinwassers. Schon seit den 1950er Jahren wurde die Verschmutzung medial diskutiert und die Wasserwerke machten sich Sorgen um die Trinkwasserversorgung, das Fischsterben im Rhein und in angrenzenden Flüssen stieg rapide an. Das bedeutete auch das endgültige Ende der Berufsfischerei, denn die Erträge wurden immer geringer.
Wiederherstellung der Wasserqualität und Stabilisierung der Bestände
Mit der Verschlechterung des Rheinwassers ging eine mediale Aufmerksamkeit einher, das zunehmende Umweltbewusstsein führte ähnlich wie beim Waldsterben zu Bürgerinitiativen und in der Folge auch zu gesetzlichen Schutzregelungen. Zu den Maßnahmenpaketen ab den 1970er Jahren gehörten u. a. der Neu- und Ausbau öffentlicher Kläranlagen, der Bau betriebseigener Klärsysteme, sowie die Veränderung gesetzlicher Regelungen, die für eine geringere Schadstoffbelastung der Flüsse durch Industrien und Kommunen sorgten. Diese Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Rheinfische griffen und der Bestand erholte sich zusehends. Aber auch die Nachzucht, das künstliche Erbrüten mit anschließendem Aussetzen der Fischbrut und die Verbesserung der Schonzeiten halfen, die Bestände wieder zu stabilisieren. Einige ausgestorbene Fischarten, wie der letztmalig im Jahr 1927 gefangene Stöhr, konnten jedoch auch dadurch nicht wieder rekultiviert werden.
Wenngleich die gewerbliche Fischerei im Rheinland aufgrund der gesellschaftlichen und industriellen Veränderungen an Rhein und Ruhr nahezu zum Erliegen kam, hielt sich mancherorts die Erinnerung daran. Die Fischereibruderschaft Bergheim an der Sieg beispielsweise existiert noch heute als Zusammenschluss, der jene Familien umfasst, welche das Fischereirecht an der Sieg innehaben. In die Bruderschaft werden die männlichen Mitglieder der Familien rituell aufgenommen.
Weiterführende Literatur
Böcking, Werner: Nachen und Netze. Die Rheinfischerei zwischen Emmerich und Honnef (Werken und Wohnen. Volkskundliche Untersuchungen im Rheinland, Bd. 12). Köln 1982.
Fischereibruderschaft Troisdorf-Bergheim: 1025 Jahre Fischrecht an Rhein und Sieg der Fischereibruderschaft zu Bergheim an der Sieg – Unterstützung des Natur- und Landschaftsschutzes, Troisdorf-Bergheim 2012.
Heizmann, Berthold: Die rheinische Mahlzeit. Zum Wandel der Nahrungskultur im Spiegel lokaler Berichte (Beiträge zur rheinischen Volkskunde, Bd. 7). Köln 1994.