Während die Gerichte und Mahlzeiten im Lauf des 20. Jahrhunderts aufgrund der Globalisierung einem radikalen Wandel unterlagen, ist für die Getränke eine größere Konstanz zu verzeichnen. Wie die Speisenzubereitung, war auch das Trinkverhalten auf dem rheinischen Land um 1900 vorrangig durch Selbstversorgung gekennzeichnet und wandelte sich bis zur Jahrtausendwende zu einem globalisierten Angebot.
Wasser als Alltagsgetränk
Das Wasser aus Haus- und Dorfbrunnen war das gebräuchlichste Getränk, das sowohl daheim als auch auf dem Feld getrunken wurde. Zugaben wie Essig, Zucker und Natron machten aus dem einfachen Wasser eine erfrischende Limonade. Bereits vor 1900 füllten verschiedene Unternehmen das aufgrund der heimischen Geologie stark mineralhaltige Wasser ab und vermarkteten es überregional, zunächst noch in Steinzeugkrügen, mit Beginn des 20. Jahrhunderts vermehrt in Glasflaschen. Bis heute sind rheinische Mineralwässer, wie etwa aus Gerolstein, in ganz Deutschland bekannte Getränke, die mit regionalem Identitätsbezug kommerziell beworben und vertrieben werden.
Der Wachmacher: Kaffee
Wie heute gab es auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts im gesamten Rheinland Kaffee zum Frühstück und zu anderen Mahlzeiten wie dem Nachmittagskaffee. Bevor jedoch der heißbegehrte Bohnenkaffee in den Wirtschaftswunderjahren zum alltäglichen Getränk avancierte, wurde er zuvor oftmals aus selbstangebauter Gerste oder Roggen extrahiert und als „Muckefuck“ bezeichnet. In Notzeiten konnte man diesen Malz- bzw. Ersatzkaffee auch aus Zichorie, Eicheln, Bucheckern oder Löwenzahn aufbrühen. Teurer Bohnenkaffee kam höchstens am Sonntag oder zu besonderen Anlässen, wie Hochzeiten oder Beerdigungen, auf den Tisch. In der Regel bereiteten die Hausfrauen „Muckefuck“ mit speziellen Röstpfannen und Kaffeemühlen selbst zu.
Alkoholische Getränke
Auch im Bereich der alkoholischen Getränke spielte die Selbstversorgung eine wichtige Rolle. Branntwein und Liköre wurden häufig aus gepressten Obst-Rückständen selbst hergestellt, wie z. B. der am gesamten Niederrhein verbreitete „Bees“, der aus schwarzen Beeren gewonnen wurde. Der in großen Korbflaschen gelagerte Branntwein galt als ein Männergetränk, das diese sowohl zur Stärkung bei der schweren Feldarbeit als auch abends daheim als Genussmittel konsumierten. Verwendete man für Spirituosen früher vor allem aussortiertes Obst, so ist das Rheinland heute für seine Edelbrände bekannt. Hergestellt werden sie in den Fruchtanbaugebieten im Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie an der Ahr und der Mosel. Auch der Weinbau erfreute sich großer Beliebtheit. Bis in das 20. Jahrhundert hinein belegen das die verschiedenen Brauchtermine zum Abschluss der Weinlese. Während an der Mosel und am Mittelrhein vor allem weiße Rebsorten wachsen, befindet sich an der Ahr das größte, geschlossene Anbaugebiet für Rotwein in Deutschland. Zusätzlich zum „normalen“ Wein gibt es im Rheinland verschiedene Varianten, z. B. den aus Äpfeln oder Birnen erzeugten, in der Eifel und auf dem Hunsrück beliebten „Viez“. Die rheinischen Biersorten sind meist obergärig. Typische Beispiele sind die beiden regionalen Sorten Kölsch und Altbier, dessen Bezeichnung „Alt“ sich direkt auf die alte, obergärige Brauweise bezieht. Während zu Anfang des 20. Jahrhunderts die ländliche Bevölkerung Fassbier noch direkt im Wirtshaus trank oder von dort in Kannen zum sofortigen Verzehr nach Hause mitnahm, verkauften Händler in den Städten bereits Flaschenbier. Es konnte daheim aufbewahrt und konsumiert werden und leitete somit den Übergang vom Gemeinschaftstrinken in der Wirtsstube in die „eigenen vier Wände“ ein.
Limonade, Kaffee, Milch, Säfte, Wein, Bier - die Art der Getränke hat sich in den vergangenen hundert Jahren nicht verändert, sehr wohl aber die dahinterstehende Produktionsweise. Getränke in Tetrapaks, Dosen, Glas- und PET-Flaschen national oder weltweit agierender Konzerne ersetzen die Erzeugnisse vom eigenen Hof oder aus der unmittelbaren Region.