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ObjektAndachtsbild

Lizenztyp Digitalisat: CC BY 4.0
Beschreibung: Andachtsbild in einem braunen, profilierten Rahmen, der am inneren Rand golden gefasst ist. Es handelt sich um eine große, prächtige Farblithographie mit Golddruck zum Thema Heilige Familie. Mittelbild: Maria und Joseph reichen dem Jesuskind zwischen sich die Hand. Darüber die Heilig Geist Taube, die Strahlen aussendet und Gottvater in Wolken und Engelsgloriole. Um das Mittelbild biblische Motive in mehreren kleineren Bildern: Oben Mitte: Geburt Jesu mit Maria und Joseph sowie anbetende Engel. Oben links: Anbetung der Hirten. Oben rechts: Anbetung der Hl. Drei Könige. Mitte links: Beschneidung, Mitte rechts: Darbringung im Tempel. Darunter links: Der Traum vom Engel, der Joseph vor drohender Gefahr warnt. Rechts gegenüber: Flucht nach Ägypten. Darunter links: Der zwölfjährige Jesus im Tempel. Gegenüber: Die Hl. Familie, Joseph als Zimmermann. Unten: Ein sterbender Mensch, der auf dem Totenbett sich Maria (zu seiner Rechten) und Jesus (auf der linken Seite) empfiehlt. Dahinter ein großer Engel. Dazu passend der Text in Form eines Gebetes. Druck in sehr gutem Zustand, Rahmen mit leichten Beschädigungen.
Kontext: Das Prachtbild ist offenkundig in Folge des in der Inschrift erwähnten päpstlichen Dekrets herausgebracht worden und steht für die hohe Wertschätzung der Hl. Familie (als Ganzes) in dieser Zeit. Die Hl. Familie galt als wichtigstes Vorbild für die christliche Kleinfamilie der Gegenwart, deren Wert hervorgehoben werden soll. In dieser Zeit hatte Joseph an Bedeutung gewonnen und verkörperte die Tugenden Fleiß, Redlichkeit und Verantwortungsbewusstsein. Ungewöhnlich ist, dass zum eigentlichen Andachtsbild noch die biblischen Motive zur Kindheitsgeschichte Jesu hinzutreten, also alle Ereignisse zwischen Geburt (Weihnachten) und dem Tempelbesuch des zwölfjährigen Jesus. In der katholischen Tradition begann eine Verehrung der "Heiligen Familie" in der Neuzeit. Seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar, nahm sie ihren Aufschwung erst im 19. Jahrhundert. Passend dazu: Die Gründung der "Bruderschaft von der Heiligen Familie" in Lüttich 1844. Die Verehrung wurde von Papst Leo XIII. gefördert, der den 1861 gegründeten "Verein der christlichen Familie" unterstützte und ein Dekret der Hl. Familie von Nazareth (20. Juni 1892) erließ. In den sozialen Umbrüchen der beginnenden Industrialisierung wollte die katholische Kirche den Wert der Kleinfamilie betonen. Die bis dahin dominierende Großfamilie (Sippe) hatte durch die steigende Mobilität der Menschen an Bedeutung verloren. Nun galt es, in dem idealisierten Zusammenleben von Maria, Joseph und dem Jesuskind einen Archetypus für die moderne christliche Kleinfamilie zu entwerfen. Dabei entsprach dies wohl kaum dem historischen, biblisch überlieferten Familienleben Jesu, das sich wahrscheinlich eher in einem Sippenverband abspielte. Ein Bild zeigt uns diese Großfamilie um Jesus: Bei der Eheschließung von Joseph und Maria können die Verwandten Marias, z. B. ihre Halbschwestern, und die Verwandten Josephs, z. B. seine Söhne aus erster Ehe, anwesend sein. Seit Ende des 19. Jahrhunderts gab es ein liturgisches "Fest der Hl. Familie". Zunächst durfte seit 1893 auf Antrag am 3. Sonntag nach Epiphanias gefeiert werden. Die katholische Liturgie begeht seit 1920 (Papst Benedikt XV.) den Sonntag in der Weihnachtsoktav als Fest der Heiligen Familie (Sonntag nach Weihnachten; falls kein Sonntag in die Weihnachtsoktav fällt, wird das Fest am 30. Dezember begangen). Während der Epiphaniaszeit wird das Erscheinen Gottes in der Welt, das sich in der Weihnachtsgeschichte ganz im Kind in der Krippe konzentriert, gefeiert. Danach wendet sich das Interesse auf die Kindheitsgeschichte. Die Tagesevangelien wechseln: Flucht nach Ägypten, Darstellung Jesu im Tempel, Wallfahrt der Hl. Familie zum Passafest nach Jerusalem mit dem Aufenthalt des zwölfjährigen Jesus im Tempel. In der christlichen Ikonographie tauchen die drei Familienmitglieder in einigen feststehenden Bildtypen auf: Bei der Geburt Christi können Maria und Joseph im Gebet neben der Krippe zu sehen sein; bei der Anbetung durch die Hirten oder die Weisen aus dem Morgenland sind Maria mit dem Kind im Zentrum und Joseph zumeist seitlich positioniert; bei der Flucht nach Ägypten können wieder alle drei allein in einer einsamen Landschaft abgebildet sein. All diesen schon sehr alten Motiven ist gemein, dass Jesus als Säugling bzw. Kleinkind dargestellt ist. Das private Alltagsleben ist kaum thematisiert. Bei der eigentlichen "Heiligen Familie", wie sie in der Neuzeit insbesondere im 19. Jahrhundert ikonographisch eingeführt wird, ist Jesus schon ein herangewachsenes Kind. In der Barockzeit schien der Weg über die Genremalerei zur "Heiligen Familie" im häuslichen Umfeld zu führen. Rembrandt entwarf das Innere des Wohnhauses und die Werkstatt, um die Heilige Familie in einer Alltagssituation darzustellen. Der "rustikale" Genrestil Rembrandts entsprach aber gar nicht dem Geschmack des 19. Jahrhunderts und ist nicht kopiert oder imitiert worden. Auch bei P. P. Rubens gibt es Darstellungen der Hl. Familie, z. T. zusammen mit Johannes und Anna, wobei Jesus ausschließlich als Säugling dem Zeitgeschmack des Barock entsprach. Beim spanischen Maler Esteban Peres Murillo findet man auch die Hl. Familie im häuslichen Kontext, wobei Maria am Spinnrad und Joseph an der Werkbank den neuen Typus vorprägten. Der barocke Stil Murillos ist jedoch ebenfalls nicht im 19. Jahrhundert weitergeführt worden.
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