Direkt zum Inhalt

„Ist das Haus auch noch so klein, sauber muß es dennoch sein!“

Sauberkeit im Haushalt

Ende des 19. Jahrhunderts wurde Sauberkeit im Haushalt zu einer wichtigen gesellschaftlichen Norm. Zunehmende Technisierung der Geräte seit den 1960er Jahren änderten zwar die Arbeitsweise, nicht aber die Rollenverteilung.

Zunehmendes Bewusstsein für Hygiene

Werbeheft der Firma Vorwerk aus den 1930er Jahren
Foto: -/LVR

„Ist das Haus auch noch so klein, sau­ber muß es den­noch sein!“ – Mit die­sem Ti­tel wirbt die Wup­per­ta­ler Fir­ma Vor­werk für ih­ren Staub­sau­ger „Ko­bol­d“. War Haus­halts­hy­gie­ne bis zur Mit­te des 19. Jahr­hun­derts re­la­tiv un­be­deu­tend, so än­der­te sich das ra­pi­de als sich in der Me­di­zin die Er­kennt­nis durch­ge­setzt hat­te, dass die Über­tra­gung von Krank­hei­ten durch Krank­heits­er­re­ger aus­ge­löst wird, wel­chen durch hy­gie­nisch mög­lichst ein­wand­freie Be­din­gun­gen Vor­schub zu leis­ten sei. Ei­ne Flut von Ver­öf­fent­li­chun­gen über Sau­ber­keit als Krank­heits­prä­ven­ti­on setz­te ein und schloss ne­ben der Kör­per­hy­gie­ne aus­drück­lich die Haus­halts­hy­gie­ne mit ein. Sau­ber­keit wur­de zu ei­ner wich­ti­gen Norm, sie galt als Merk­mal für Vor­nehm­heit. Mög­lich wur­de dies auch durch ers­te An­sät­ze der Tech­ni­sie­rung im Haus­halt, vor al­lem durch neu­e Her­de, die mit ge­schlos­se­nem Ab­zug Ruß und Koh­lestaub aus den Wohn­räu­men fern hiel­ten. Die so­zia­le Kon­trol­le auf dem Land war be­son­ders stark, die Nach­barn re­gis­trier­ten, wer wann wie viel putz­te oder wusch.

Putzen nach Lehrbuch

Flurküche des Bandweberhauses im LVR-Freilichtmuseum Lindlar, im Zustand der 1920er Jahre. Wasserpumpe und Spülstein wurden auch für die Reinigung von Haus, Körper und Wäsche genutzt. Lindlar 2010.
Foto: Stefan Arendt/LVR/LVR

Lehr­bü­cher für die Schü­le­rin­nen von Volks­schu­len soll­ten die­se zur rich­ti­gen Haus­halts­füh­rung er­zie­hen, denn die Rei­ni­gung des Hau­ses oder der Woh­nung war die al­lei­ni­ge Auf­ga­be von Frau­en. Für den wö­chent­li­chen Putz­tag gibt Ma­ria Mid­del­dorf in ih­rer „Haus­halts­kun­de und Na­tur­leh­re für Schü­le­rin­nen der Volks­schu­le“ ge­naue An­wei­sun­gen für das Rei­ni­gen und Put­zen des Her­des, die Rei­ni­gung von Pe­tro­le­um­lam­pen, das Put­zen der Kü­chen­ge­rä­te, das Rei­ni­gen der Mö­bel, Spie­gel und Fens­ter und die Rei­ni­gung des Fuß­bo­dens. Der in grö­ße­ren Ab­stän­den statt­fin­den­de Haus­putz be­inhal­tet zu­sätz­lich noch die aus­führ­li­che Rei­ni­gung al­ler Räu­me vom Dach­bo­den bis zum Kel­ler, in­klu­si­ve der Wän­de und der Mö­bel – von in­nen und von au­ßen.

Der so ge­nann­te „gro­ße Haus­put­z“ stand in Zu­sam­men­hang mit den christ­li­chen Fes­ten, al­so v. a. Os­tern und Weih­nach­ten. Zu die­sen Ge­le­gen­hei­ten soll­te das Haus kom­plett ge­rei­nigt wer­den. Und wö­chent­lich wur­de der Sams­tag als Tag vor dem hei­li­gen Sonn­tag zum Ba­den, zum An­zie­hen fri­scher Wä­sche, zum Fe­gen des Ho­fes ge­nutzt.

Technisierung des Putzens

In der zwei­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts wa­ren die schwe­ren In­fek­ti­ons­krank­hei­ten über­wie­gend ein­ge­dämmt, Hy­gie­ne ver­lor ih­re über­ra­gend nor­mie­ren­de Po­si­ti­on. Hin­zu kam die stei­gen­de Zahl von ar­bei­ten­den Frau­en, die we­ni­ger Zeit für den Haus­halt hat­ten. Die Schnel­lig­keit der Haus­rei­ni­gung wur­de zu ei­nem wich­ti­gen Ziel, die Tech­ni­sie­rung der Haus­ar­beit ein Mit­tel, die­ses zu er­rei­chen. Bis in die 1960er Jah­re wa­ren vie­le Haus­halts­ge­rä­te, die man heu­te kennt, noch nicht ver­füg­bar, bzw. für den Gro­ß­teil der Be­völ­ke­rung zu teu­er und da­her et­was Be­son­de­res. 1969 zähl­ten zwar Staub­sau­ger, Kühl­schrank und Fern­seh­ap­pa­rat schon zur Stan­dard­aus­stat­tung in Haus­hal­ten. Der gro­ße Boom des tech­ni­sier­ten Haus­halts be­gann je­doch dann erst in den 1970er Jah­ren mit der flä­chen­de­cken­den Ver­brei­tung von Wasch­voll­au­to­ma­ten und Ge­frier­ge­rä­ten so­wie elek­tri­schen Kü­chen­ge­rä­ten.

Die Tech­nik­ent­wick­lung hat an der Rol­len­ver­tei­lung im Haus­halt bis heu­te al­ler­dings nur we­nig ge­än­dert. Bis heu­te ar­bei­ten Frau­en täg­lich deut­lich län­ger im Haus­halt als Män­ner. So zeigt ei­ne Sta­tis­tik der OECD aus dem Jahr 2014, dass Frau­en in Deutsch­land 163,9 Mi­nu­ten täg­lich im Haus­halt tä­tig sind, Män­ner da­ge­gen im Schnitt nur 89,9 Mi­nu­ten.

Weiterführende Literatur

An­dritz­ky, Mi­cha­el (Hg.): Oi­kos: Von der Feu­er­stel­le zur Mi­kro­wel­le. Haus­halt und Woh­nen im Wan­del. Wetz­lar 1992.

Mu­sée de la Vil­le de Lu­xem­bourg (Hg.): Sei sau­ber…! Ei­ne Ge­schich­te der Hy­gie­ne und öf­fent­li­chen Ge­sund­heits­vor­sor­ge in Eu­ro­pa. Köln 2004.

Zurück nach oben